Valencia ist eine pragmatische Stadt. Als der Rio Turia 1957 über die Ufer trat und die valencianische Innenstadt unter Wasser setzte, reichte es den Bewohnerinnen und Bewohnern. Sie leiteten den Fluss gen Süden um die Stadt herum und nutzen seit den 1990er Jahren das trockengelegte Bett als Park- und Freizeitanlage.

Ein Smart ist ein pragmatisches Auto. Es macht keinen Hehl daraus, wofür es gemacht ist. Für die Stadt. Ganz gleich ob in der Zweier- oder Vierer-Variante. Daran ändert sich auch nach dem neuerlichen Facelift nichts.

Bunt sind sie, die vielen Smarts, obwohl man sich antriebsseitig vor allem grün gibt – elektrisch geht's voran. Produziert wird künftig nicht mehr – wie seit Firmengründung – im lothringischen Hambach, sondern ausschließlich in China: Mercedes hat die Kleinstwagenmarke 2019 in ein Joint Venture mit Geely eingebracht.
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Und das muss es auch nicht. Denn die ab 2020 lediglich als batteriebetriebene Modelle ausgelieferten fortwos und forfours eignen sich wie kaum ein anderes Auto für den Stadtverkehr. Ist der Eco-Modus ganz unbrav ausgeschaltet und das Gaspedal durchgedrückt, kommt kein anderer Verkehrsteilnehmer so schnell hinterher. Schluss ist ungefähr bei 130 km/h, aber was soll’s. Die Beschleunigung des fortwos von 0 auf 60 km/h beträgt rund fünf Sekunden, mehr braucht es in der Stadt meist nicht. Die Batterie ist auf der anderen Seite nicht die leistungsfähigste. Nach WLTP reicht ihre Kapazität für rund 130 Kilometer. Aber wie sagte Gimli einst in Der Herr der Ringe treffend: "Wir Zwerge sind geborene Sprinter".

Der Synchronmotor hat eine Dauerleistung von 41, maximal 60 kW zu bieten. Das maximale Drehmoment liegt bei 160 Nm. Mit dem optionalen 22-kW-Lader soll die Batterie unter 40 Minuten von zehn auf 80 Prozent aufgeladen sein. Mit einem 4,6-kW-Anschluss dauert das Ganze rund 3,5 Stunden, an der hausüblichen Steckdose sechs Stunden.

In die Länge gezogen

Beim Design hingegen hat sich, besonders seit den Anfängen der Reihe, viel getan. Wenig erinnert mehr an das billig-aussehende Patronen-Design, der neue Smart wirkt erwachsen, hochwertig und tatsächlich noch kompakter – zumindest in der fortwo-Version. Die forfour-Version, hat weiterhin mit dem Fakt zu kämpfen, dass er nun einmal aussieht wie ein fortwo, den man gezwungenermaßen in die Länge gezogen hat. Sei’s drum. Der Innenraum bietet eine gelungene Übersicht und das Lenkrad fühlt sich mehr nach einem Mercedes an, als nach einem Smart. Wer seine eigene Musik hören möchte, hat drei Möglichkeiten dazu: AUX, USB und SD. Steuern lässt sich das Ganze über ein Touch-Display.

Der forfour hat weiterhin mit dem Fakt zu kämpfen, dass er nun einmal aussieht wie ein fortwo, den man gezwungenermaßen in die Länge gezogen hat.
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Digital wird es auch außerhalb des Autos. Das Leben des Smart-Besitzers soll nämlich durch diverse App-Angebote erleichtert werden. Mit der "ready to share"-Funktion ist es möglich, das Auto wie beim Carsharing mit autorisierten Nutzern zu teilen. Und wer das Ganze nicht aus Nächstenliebe machen möchte, kann sich auch direkt in der App dafür entlohnen lassen. Auf Wunsch auch für einen individuellen Preis pro Minute. Das Ganze wird aber wohl erst nur in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien möglich sein. Weitere Features sind die Suche per App nach einem Parkplatz, die Standortabfrage und einem Frühwarnsystem bei Diebstahl. Man sieht, der Smart setzt mit all diesen Features und dem Marketing ("Smarter denn je", puh) auf ein junges, urbanes Publikum. Ob sich das die neuen Modelle allerdings leisten kann, ist eine andere Frage. Der fortwo kostet in der Grundausstattung rund 25.500 Euro, der forfour etwas über 26.000 Euro.

Beim Blick in den aufgefrischten Smart gibt es keine großen Überraschungen.
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Fest verankert

Die Umstellung der kompletten Smart-Flotte auf den Elektro-Antrieb ist nicht das Einzige, das sich für 2020 im Hause ändert. Ende 2019 verkündete Daimler, zusammen mit der chinesischen Zhejiang Geely Holding Group, die Gründung eines Joint Ventures. Die dadurch neu geschaffene "Smart Automobile Co., Ltd" solle die Marke weiterentwickeln und besonders auf dem chinesischen Markt etablieren. Denn: Während das Design weiterhin in Daimler-Hand liegt, wird künftig ausschließlich in China produziert. Daniel Lescow, Brand- und Product-Director, verspricht aber: "Die Smart-DNA wird weiterhin fest verankert sein". Das erste Fahrzeug des Gemeinschaftsunternehmens soll 2022 vom Band rollen, aber "keineswegs die aktuellen Modelle ablösen".

Mit dem optionalen 22-kW-Lader soll die Batterie unter 40 Minuten von zehn auf 80 Prozent aufgeladen sein.
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Die Zahlen aus 2019 sind jedenfalls kein Indikator für einen Schnellschuss. Laut Lescow hat die Marke über 46.000 Smarts (inklusive der verbrennungsmotorischen) in Deutschland verkauft, was ein Vorjahreswachstum von rund 20 Prozent bedeutet. 2019 seien darüber hinaus 18.400 Elektro-Smarts weltweit verkauft worden.

Auf einen weiteren pragmatischen Aspekt waren sie bei der Vorstellung besonders stolz: die drei Klicks. Künftig soll nämlich jeder Smart mit ganzen drei Klicks im Internet bestellt werden können. Das Konzept mag für alltägliche Dinge wie Klopapier oder Milchkartons nützlich sein, ein Smart ist aber immerhin noch ein Auto, ein Luxus-Gegenstand. Ob es da ein vereinfachtes Verfahren braucht, um die "Unsicherheit zu minimieren", und das vor allem bei der jüngeren Generation, sei dahin gestellt. Aber gut, wenn es die Valencianer schaffen, einen ganzen Fluss umzuleiten, schafft es Smart vielleicht auch, junge Leute wieder zum Autokauf zu überreden. (Thorben Pollerhof, 02.02.2020)