Irene Gölles ist Bürgermeisterin von Gloggnitz.

Foto: stadt gloggnitz

Im Jahr 2008, da dachte sich der Gloggnitzer Bürgermeister, er schaffe eine Konkurrentin aus dem Weg. Also schloss er Irene Gölles und zwei weitere Genossen aus der SPÖ-Fraktion im Gemeinderat aus – so erzählt es Gölles heute. Falls das tatsächlich der Plan des Stadtchefs im Bezirk Neunkirchen war, ist er nicht aufgegangen: Zwei Jahre später ist Gölles Bürgermeisterin – angetreten mit ihrer eigenen Liste. "Wir haben die Organisation aufrechterhalten, das hat die Bevölkerung gewusst", sagt Gölles zum STANDARD.

Bei der Gemeinderatswahl am Sonntag legte ihre Partei "Wir für Gloggnitz" noch um ein weiteres Mandat zu und steht jetzt bei 45 Prozent. Dabei kandidierten auch ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne in der 6.000-Einwohner-Stadt.

Schmerzhafte SPÖ-Verluste

Gölles war schon im Jahr 1995 für die SPÖ in den Gemeinderat eingezogen. Sie habe damals schon länger beim Gewerkschaftsbund gearbeitet und sei so in die Partei hineingewachsen. "Meine Ideologie war immer die SPÖ", sagt die 66-Jährige. Die Verwerfungen mit den Sozialdemokraten in Gloggnitz hätten da schon Wunden aufgerissen. Aber in ihrem elften Jahr als Bürgermeisterin ist ohnehin klar, dass sie auf Gemeindeebene "völlig neutral" agiere.

Die Verluste der SPÖ in Bund und Land empfindet Gölles als schmerzhaft, "aber im Burgenland sieht man, dass es auch anders geht". Mit dem Verlierer-Image wie es die SPÖ derzeit in Niederösterreich hat, werde es aber auch immer schwieriger, sich wieder hochzukämpfen.

Erfolgsfaktor Nähe

Ihren anhaltenden Erfolg in Gloggnitz erklärt sich die Mutter einer Tochter damit, dass sie und ihr Team "fünf Jahre gute Arbeit geleistet haben". Ihre Liste sei bei jedem Fest dabei und setze Themen, die der Bevölkerung wichtig sind: attraktive Angebote für Familien, Förderung von Zuzug in die Stadt, Umweltpolitik, "aber ohne Aktionismus".

Der grüne Gemeinderat Johann Schabauer sieht Gölles’ Themensetzung kritisch: Sie richte ihre Politik danach aus, was gerade populär sei. "Sie ist nicht die große Ideologin, nicht die große Gestalterin", sagt er. In Wahrheit sei die Sozialdemokratin "ziemlich konservativ" – neue Dinge bei ihr durchzubringen sei "ein bisserl eine Plage".

Das Erfolgsgeheimnis der Bürgermeisterin, das deutet auch Gölles selbst an, sei aber: "Sie kennt die Leute, und die Leute kennen sie." So gewinnt man Gemeindewahlen – auch im Jahr 2020. (Sebastian Fellner, 27.1.2020)