Semperit will seine Sparte Sempermed verkaufen und keine Operationshandschuhe mehr erzeugen.

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Wien – Die Abschreibungen waren hoch, über die Umstrukturierung wurde lang diskutiert, jetzt steht es fest: Der Gummihersteller Semperit gibt seine unter Druck geratene Medizinsparte ab. Das teilte Semperit am Dienstag mit.

Die Sparte erwirtschaftet mit rund 3000 Beschäftigten rund ein Drittel des Semperit-Umsatzes von knapp 900 Millionen Euro. In Österreich sind von der Abspaltung über 100 Mitarbeiter betroffen, davon weniger als hundert in Wimpassing in der Produktion von Operationshandschuhen.

Wimpassing sei aber "in erster Linie Standort der Industriesegmente Semperform und Semperflex und steuert auch gruppenweite Schlüsselbereiche wie die Forschung & Entwicklung oder Mixing", versicherte Semperit via Aussendung. Das Stammwerk in Wimpassing (NÖ) bleibe "als Teil der Semperit-Gruppe zweifellos erhalten", schreibt CEO Martin Füllenbach. Er wolle den heimischen Produktionsstandort weiter aufwerten, Wimpassing solle "eine konzernweit noch größere Bedeutung erfahren". Nun werde "zeitnah" aber ohne konkrete Frist ein Käufer gesucht, hieß es.

Zuletzt hatte sich die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der internationalen Konkurrenz deutlich verschlechtert und eine Restrukturierung wäre mit hohen Kosten verbunden, weil dazu eine tiefgreifende Modernisierung und der Ausbau der Kapazitäten notwendig wäre.

In Krankenhaus und Labor unersetzlich: Gummihandschuhe.
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Bei Sempermed geht es vor allem um das Geschäft mit Untersuchungshandschuhen, die in Malaysia hergestellt werden, sowie mit Operationshandschuhen, die in Wimpassing in Niederösterreich produziert werden.

Für das niederösterreichische Werk gab die B&C Industrieholding, die an Semperit die Mehrheit hält, eine Bestandsgarantie ab. "Für mich ist Wimpassing das historische Zentrum der Semperit und eine Säule unserer Fertigung", sagte B&C-Chef Peter Edelmann Ende November. "Der Standort steht nicht zur Diskussion."

Abschreibungen ohne Ende

In den ersten drei Quartalen des Vorjahres dämmte die börsenotierte Semperit Holding den Verlust auf 34,1 Millionen Euro, halb so viel wie in der Vorjahresperiode (72,9 Mio. Euro Verlust). Bereinigt um Sondereffekte hätte es nach Steuern sogar einen Gewinn von 8,6 Millionen Euro gegeben. Größer Sondereffekt war die Wertminderung im Medizinbereich (Sempermed) um 46,8 Mio. Euro. Bereits 2018 hatte Semperit eine Wertminderung vor allem für Sempermed von 55,2 Mio. Euro verbucht. Der Konzernumsatz fiel um 2,7 Prozent auf 652,2 Millionen Euro, der operative Verlust (Ebit) wurde von 45,5 auf 13,7 Millionen Euro eingebremst. Das Ziel bei der Ebitda-Marge: Sie muss zehn Prozent (ab Ende 2020) bis Ende 2024 übersteigen – sich an dem nicht näher definierten Niveau der "industriellen Peer Group" orientieren. (ung, APA, 28.1.2020)