Bis es zur Wiedereinführung der Monarchie in Rumänien kommt, vertreibt sich die Kronprinzessin Margareta ihre reichlich vorhandene Zeit mit Posen, Ritualen und Reisen.

Foto: Stadtkino

Ordnung muss sein: Erst wird geblasen, dann der Verkehr geregelt. Die Fahrdienstleiterin darf ihre Schicht am Bahnhof der rumänischen Stadt Fagaras schließlich erst beginnen, wenn sie den Alkoholtest, dessen Ergebnis fein säuberlich protokolliert wird, tatsächlich auch bestanden hat. Als auf Außenstehende einigermaßen skurril wirkendes Ritual könnte Johannes Holzhausen kein besseres Vorspiel für seinen Dokumentarfilm The Royal Train gefunden haben – selbst wenn dieser mit dem siebenbürgischen Eisenbahnwesen nur am Rande zu tun hat.

Fagaras ist nur eine von vielen Stationen auf dem Weg der rumänischen Kronprinzessin Margareta, an dessen Ende wohl die Wiedereinführung der Monarchie stehen sollte. Während ihrem 1947 aus dem Land vertriebenen Vater, dem mittlerweile verstorbenen Mihai I., eine Heimkehr auch in der nachkommunistischen Zeit verwehrt wurde, arbeitet die in der Schweiz geborene Margareta seit einigen Jahren vor Ort an der Wiederherstellung des Status ihrer Familie.

Ein Teil dieser Bemühungen ist die Wiederaufnahme jährlicher Zugfahrten, um ihren neuen Landsleuten Monarchinnenkontakt zu ermöglichen. Was wäre schließlich eine Königin ohne ein zujubelndes Volk?

Angehende Königin

Die Tournee mit dem titelgebenden Zug steht im Zentrum der ersten Hilfe des Films. Holzhausen, praktischerweise ein Cousin zweiten Grades der angehenden Königin, zeigt dabei die Vorbereitungen in den an der Route liegenden Kleinstädten wie auch die des überschaubaren Hofstaats. An beiden Fronten erinnern die Arbeiten an Theaterproben. Es werden Requisiten herbeigeschafft und Kostüme anprobiert, Auftritte durchbesprochen und Regieanweisungen gegeben.

Währenddessen wird eifrig die Werbetrommel gerührt: Man habe doch sicher schon von der Königsfamilie gehört, jetzt könne man sie sehen, in Farbe und bunt, mitsamt dem königlichen Speisewagen, in dem ein lokomotivförmiges Fondantungetüm einer ungewissen Zukunft entgegenschwitzt.

Besuch von Prince Charles

In der zweiten Hälfte werden verschiedene Episoden zu einer Kette der Absurdität aneinandergeknüpft. Prinz Charles kommt auf einen Sprung vorbei, in Moldau wird eine Statue enthüllt, und der Abfüller von Margaretas bevorzugtem Mineralwasser wird zum Hoflieferanten erklärt. Es fällt schwer zu sagen, was bemerkenswerter ist: das Theater, das die Thronprätendentin inszenieren lässt, oder die Bereitwilligkeit, mit der (fast) alle Welt mitspielt.

Zweifellos ist die royale Gemengelage in Rumänien, wo das Königshaus erst 1866 aus Deutschland importiert und später über Jahrzehnte negiert wurde, eine besondere. Das freudige Befolgen von Protokollen darf aber als menschliche Konstante gesehen werden. Bei dieser großen Komödie genügt es Holzhausen, einfach ein Beobachter zu bleiben. Auch so gelingen Bilder, an denen Wes Anderson seine helle Freude hätte. (Dorian Wallner, 29.1.2020)