Vinzibett an seinem jetzigen Standort in der Ottakringer Straße.

Foto: Vinziwerke

Vor zehn Jahren ist die Obdachlosenunterkunft Vinzibett in ein Gebäude in der Ottakringer Straße in Wien-Hernals eingezogen. Seit einem Jahr steht fest, dass Vinzibett und seine 47 Bewohner dort keine Zukunft haben: Weil sich Miteigentümer durch die Bedürftigen belästigt fühlten, muss die Unterkunft ausziehen.

Dem ging ein Rechtsstreit voraus, der von Bewohnern im hinteren Teil des Hauses begonnen wurde. Diese klagten den Vermieter auf Unterlassung der Vermietung an Vinzibett. Eine an der Klage beteiligte Miteigentümerin sagte dem STANDARD damals, dass ihre Kinder an zum Teil alkoholisierten Bewohnern vorbeigehen müssten, wenn sie von der Schule kämen. Das Gebäude sei demnach nicht für die Unterbringung geeignet.

Feld räumen bis 2021

Vinzibett bestritt diese Darstellungen immer vehement und verwies auf die voneinander getrennten Eingänge. "Unverständlich" und als "Fehler" bezeichnet Veronika Zott, eine nicht an der Klage beteiligte Miteigentümerin, das Verhalten der anderen.

Trotz des anfänglichen Widerstands wollten sich die Verantwortlichen von Vinzibett schlussendlich aber auf keinen langen Rechtsstreit einlassen und schlossen einen Vergleich mit den Verfahrensgegnern. Dem gemäß müssen sie bis zum Frühjahr 2021 das Feld räumen. Der Standort selbst soll laut dem STANDARD vorliegenden Bauplänen entwickelt werden. Die Baupläne werden im Haus durchaus skeptisch beäugt, auch ein Anwalt sei beauftragt worden, um die Pläne überprüfen zu lassen, berichtet Zott – von denselben Personen, die auch die Klage gegen Vinzibett anstrengten.

Unbeliebte Nachbarn

Nach einem knappen Jahr erfolgloser Suche nach einer neuen Bleibe schlägt Vinzibett jetzt Alarm: "Wir finden kein geeignetes Haus", sagt Vinziwerke-Koordinator Rafael Kirchtag zum STANDARD. Beziehungsweise komme es oft gar nicht zu einem Besichtigungstermin: "Bei vielen ist einfach eine große Skepsis da", sagt Kirchtag. Viele wollten keine Obdachlosen als Nachbarn.

Vinzibett gehört zu den Vinziwerken, einer christlichen Hilfsorganisation. Die Notschlafstelle hat somit einen privaten Trägerverein und bestimmt die Kriterien, nach denen sie Menschen Unterschlupf gewährt, selbst. Deshalb finden hier jene einen Platz, die anderswo meist scheitern. Die 47 Plätze sind meist von EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen belegt, die kaum sozialrechtliche Ansprüche haben.

Seitens des Fonds Soziales Wien (FSW) kommt Unterstützung, was die Suche nach einer geeigneten Immobilie betrifft. Das bestätigt Kirchtag, der von einer "engen Zusammenarbeit" spricht. Der FSW sieht es nach wie vor als realistisch an, noch eine Lösung zu finden.

"Wir machen uns große Sorgen", sagt hingegen Kirchtag, der hofft, dass sich ein Immobilienbesitzer mit wohltätigen Absichten findet. "Wir appellieren an die Menschen mit den entsprechenden Möglichkeiten, die Ärmsten unserer Gesellschaft nicht auf der Straße stehen zu lassen." Um auf die Situation aufmerksam zu machen, halten die Verantwortlichen gemeinsam mit Bewohnern am Mittwoch eine Mahnwache auf dem Stephansplatz ab.

Vorbereitung auf Ernstfall

Die Frage nach möglichen Alternativszenarien stellt sich für den FSW "im Moment nicht". Was im Ernstfall mit den Menschen passiert, deutete die ehemalige Vinzibett-Leiterin Hedi Klima bereits vor einigen Monaten an: "Wir setzen unsere Leute sicher nicht auf die Straße."

Kirchtag schlägt in eine ähnliche Kerbe: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Leute stehenlassen." Vorher müsse schon wer zur Räumung kommen. Man gehe aber davon aus, dass viele Kräfte versuchen werden, den Ernstfall zu vermeiden. (Vanessa Gaigg, 29.1.2020)