Der im April 1942 von den Nazis ermordete Anton Schmid (li.) mit Tochter Gertrude und Ehefrau Stefanie.

Foto: ORF/Nachlass Schmid/Brigitte Kelemen

Anton Schmid verkauft und repariert Radios in Wien-Brigittenau, als er nach dem Einmarsch der Nazis bei Übergriffen auf jüdische Mitbürger nicht einfach wegschaut. Seine Zivilcourage handelt ihm Prügel bei der Polizei ein. An seiner Empathie und Menschlichkeit ändert das nichts. Auch nicht, als er als Feldwebel der Wehrmacht im besetzten Wilna im Einsatz ist. Seine Stellung nützt Schmid, um hunderte Jüdinnen und Juden mit falschen Papieren aus dem Ghetto zu bringen. Aus der Hilfe für Einzelne werden umfangreiche Rettungsaktionen – bis Schmid denunziert und im April 1942 hingerichtet wird.

Die Menschen & Mächte-Doku Anton Schmid – Der gute Mensch von Wilna von Martin Betz, zu sehen am Mittwochabend auf ORF 2, erzählt diese in Österreich lange nicht gewürdigte Geschichte mit einer Mischung aus Spielszenen, Interviews und Originaldokumenten. Erinnert wird auch an den Antipoden von Schmid, den als "Schlächter von Vilnius"-bekannten NSDAP-Funktionär Franz Murer, dessen Prozess 1963 in Graz mit einem Freispruch endete.

Es sind vor allem die Aussagen von Zeitzeugen und deren Nachfahren, darunter auch Schmids Enkelin, die sich einem eingraben. Gerade auch dann, wenn einem Interviewten die Worte ausgehen. Schmid selbst fand nach der Verkündung seines Todesurteils in einem Brief an seine Frau Worte, die als Entschuldigung gemeint waren und doch als ewiggültige Handlungsanleitung taugen: "Ich habe nur als Mensch gehandelt und wollte niemandem wehtun." (Karl Gedlicka, 29.1.2020)