Heißt der nächste Bundeskanzler Hans Peter Doskozil?

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Körpersprache ist untrüglich. Als die Burgenland-Hochrechnung verkündet wurde, packte Pamela Rendi-Wagner den Sieger Hans Peter Doskozil freudig an der Schulter. Er sah sie nicht an.

Dafür sprach er später umso deutlicher. Ja, jetzt sei kein Zeitpunkt, um an der Vorsitzenden zu sägen, aber wenn dann in ein paar Jahren der Spitzenkandidat für die Wahlen festgelegt wird, dann werde man sehen …

Doskozil überlegt ganz offensichtlich, selbst dieser Spitzenkandidat zu sein. Natürlich, er muss jetzt ein paar Jahre den burgenländischen Landeshauptmann geben, aber die Wahlen sind ohnehin weit weg (wenn es die türkis-grüne Koalition nicht zerreißt). Inzwischen wird er versuchen, die Bundes-SPÖ nach seinem Ebenbild umzuformen. Schließlich hat er ja im Burgenland die absolute Mandatsmehrheit gewonnen.

FPÖ-Wähler zurück zur SPÖ

Wirklich bemerkenswert daran für die SPÖ ist, dass Doskozil erstmals wieder FPÖ-Wähler für die SPÖ (zurück)gewonnen hat. Zwar nur insgesamt 13.000, aber immerhin. In hohen und höchsten Funktionärskreisen der Partei konnte man in den letzten Jahren hören, die Arbeiter kämen nicht mehr zurück.

Was aber ist das Geheimnis des "Polit-Genies" Doskozil (Wolfgang Fellner in typisch kritischer Distanz)? Er hat traditionelle sozialdemokratische Politik betrieben. Einerseits einen (verbal) harten "Ausländer"-Kurs, andererseits einen klassischen "sozialistischen" Umverteilungskurs mit Steuergeld. 1700 netto – freilich nur für Landesbedienstete.

Aber macht das Kanzlerformat aus? Ein österreichischer Bundeskanzler muss oder sollte echte Probleme auf eine strukturierte Weise angehen. Geld über die Bediensteten des öffentlichen Sektors auszuschütten ist ein sehr kleiner Teil der Problembewältigung. Wie man die Stagnation der Löhne in der Privatwirtschaft und den Arbeitsplatzverlust durch Digitalisierung und Globalisierung behebt, ist schon eine ganz andere, größere Nummer. Im Übrigen verweist der ausgezeichnete Polit-Blog dieSubstanz.at darauf, dass das Doskozil-Modell für alle, die unter 1700 netto verdienen, einen Einnahmenausfall von neun Milliarden für die Sozialversicherung bedeuten würde.

Populistische Scheinlösungen von Türkis

Ein Kanzler, eine Kanzlerpartei muss auch Lösungen für die Jahrhundertbewegung der Migration finden. Für die Tatsache, dass rund zwei Millionen der Bevölkerung Migrationshintergrund haben und 700.000 davon Muslime sind – und nicht mehr weggehen werden. Die jetzige türkise Kanzlerpartei liefert dazu übrigens nur populistische Scheinlösungen, die hauptsächlich aus dem Schikanieren von Migranten bestehen.

Was tut Doskozil? Er schließt sich dieser "Symbolpolitik" (Rendi-Wagner) an. Kopftuchverbot, verfassungswidrige Präventivhaft. Kleine Erinnerung: Es gibt schon zwei rechte Parteien in Österreich.

Aber das eigentliche Problem der SPÖ ist, dass sie keine Modernisierung verkörpert und auf die Herausforderungen – Änderung der Arbeitswelt, Migration, Bildung – keine schlüssigen Antworten hat. Die Türkisen, nebenbei, haben das auch nicht. Sie sind nur besser in der Inszenierung. Wenn die SPÖ wieder eine Partei über 30 Prozent werden will, muss sie jemand finden, der solche Antworten überhaupt sucht. (Hans Rauscher, 28.1.2020)