Es liegt so etwas wie Revolution in der Luft. Zumindest in der Finanzbranche. Frankfurt hat in der Bankenwelt anscheinend ausgedient, jetzt darf Berlin ran. Denn sexy ist die deutsche Hauptstadt noch immer, arm aber ganz und gar nicht mehr.

Zumindest fehlt es dort nicht an hippen Start-ups, die wie Schwammerln aus dem Boden schießen. Samt Vollbartträgern, Hoodies, Smoothies, Büros in abgefuckten Altbauwohnungen mit Hund. Dort spielt jetzt die Musik.

Nach der kapitalen Krise der Großbanken, namentlich der Deutschen Global Invest, am Ende der ersten Staffel der hochdekorierten ZDF-Serie "Bad Banks" will die junge, hungrige Bankerin Jana Liekam (hervorragend besetzt mit Paula Beer) jetzt in der Fortsetzung – ab heute, Donnerstag, in der Arte-Mediathek, ab Freitag online auf ZDF.de – das sinkende Schiff verlassen und mit ihrem nicht weniger ehrgeizigen Team Thao Hoang (Mai Duonng Kieu) und Adam Pohl (Albrecht Schuch) am Berliner Fintech-Markt mitmischen.

Thao Hoang (Mai Duonng Kieu), Jana Liekam (Paula Beer), Adam Pohl (Albrecht Schuch).
Foto: ZDF

Jana spürt: Das Vertrauen der Kunden in Großbanken ist dahin. Zusätzlich machen verschärfte Auflagen den Topbankern das Leben schwer. Nichts ist so, wie es einmal war. Jetzt sind smarte Finanz-Start-ups das Next Big Thing, die technologisch auf dem neuesten Stand sind und Investmentbanking – Algorithmus sei Dank – weit effizienter erledigen, als es träge Großbanken mit ihren Beratern in Maßanzügen es je könnten.

Green New Deal

Aber freilich sind auch die Manager der Global Invest nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen, auch sie müssen sich der Digitalisierung stellen und errichten einen sogenannten Inkubator in Berlin in Bienenwabenform (Szenenbild: Silke Buhr). Dieser "Brutkasten" soll den selbstständigen Start-ups Paroli bieten.

Geschickt greifen Regisseur Christian Zübert und Drehbuchautor Oliver Kienle aktuelle Strömungen am Finanzmarkt auf. Kienle holte sich dafür wie schon für die erste Staffel Berater aus der Bankenwelt, recherchierte akribisch, was dort gerade so abgeht. Nachhaltigkeit ist auch in der Finanz das Topthema, "Green New Deal" das neue Schlagwort dafür. Öko muss in den Businessplan. Das verkauft sich gut in Zeiten wie diesen.

Jana heuert beim Start-Up Green Wallet in Berlin an.
Foto: ZDf

Dünne Luft ganz oben

In den sechs neuen Folgen heuert Jana zunächst bei Green Wallet an. Dieses Berliner Fintech handelt mit nachhaltigen Investitionen. Zumindest kurz nimmt man es ihr ab, dass sie etwas Gutes tun will. Aber schon bald wird klar, ihr geht es immer um den eigenen Vorteil. Sie will ganz nach oben, koste es, was es wolle.

Dort oben ist die Luft aber extrem dünn, vor allem für Frauen. Das weiß auch ihre Gegenspielerin Leblanc. Désirée Nosbusch spielt diese Christelle Leblanc mit einer brutalen Härte, die nicht nur Jana zu spüren bekommt.

Leblanc ist jedes Mittel recht, um Konkurrenten innerhalb der Global Invest aus dem Weg zu schaffen, sie will endlich ganz an die Spitze, in den Vorstand. Skrupellos nutzt sie die Schwachstellen ihrer Gegner aus. Die – allen voran Quirin Sydow (Tobias Moretti) und Robert Khano (Jean-Marc Barr) – sind ihrerseits aber nicht weniger zimperlich, wenn es darum geht, ihren Job und damit ihre Macht zu retten.

Désirée Nosbusch als Christelle Leblanc inmitten Männerseilschaften.
Foto: ZDF

Die Intrigen werden noch perfider als in Staffel eins, es geht so richtig ans Eingemachte. Und Jana ist mittendrin, die Folgen eines illegalen Insiderhandels und geparktes Schwarzgeld auf Mauritius machen sie erpressbar. Das weiß Leblanc freilich geschickt für sich zu nutzen.

In seinen Recherchen sei er immer auf dasselbe Muster kriminellen Handelns gestoßen, sagt Autor Oliver Kienle, "von der ersten Ausnahmetat bis hin zur Selbstverständlichkeit des Betrügens, Stehlens oder Diffamierens. Die Grenzen, die man heute überschreitet, werden morgen zum Status quo. Alle müssen bereit sein, die nächste Grenze zu überschreiten, um in diesem Spiel zu bleiben." Und dieses Spiel fordert seine Opfer, ohne gröbere Blessuren kommt hier niemand davon.

Jana hat nicht nur mit beruflichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Auch im Privaten läuft es alles andere als rund. Genauso wie ihre Kollegen Adam und Thao verdrängt sie ihre psychischen Probleme, kompensiert sie mit ihrem extremen Ehrgeiz im Job. Je härter sie arbeitet, je erfolgreicher sie ist, desto mehr kann sie glauben, dass sie existiert. Sie braucht den Stress, um sich zu spüren. Work-Life-Balance? Fehlanzeige.

Studio Hamburg Produktion Gruppe

Man fiebert mit ihr mit, Paula Beer schafft es, dass man diese Jana mag, auch wenn sie längst die Grenzen des moralisch Vertretbaren überschritten hat.

Im linearen Fernsehen werden die neuen Episoden kommende Woche ab 6. Februar auf Arte und ab 8. Februar im ZDF ausgestrahlt. Die erste Staffel war im März 2019 auch im ORF zu sehen, eine Ausstrahlung der aktuellen zweiten Staffel ist derzeit nicht geplant, heißt es auf STANDARD-Anfrage aus dem Küniglberg. (Astrid Ebenführer, 30.1.2020)