100 neue Kindergartenplätze für Kinder mit Behinderung sollen in Wien geschaffen werden.

Foto: Christian Fischer

Rund eine Million Euro plant die Stadt Wien bis 2022 für 100 zusätzliche Integrationskindergartenplätze bei privaten Trägern auszugeben. Durch das Pilotprojekt zur Förderung für Wiener Kinder mit Behinderung bis zum Beginn der Schulpflicht, das heute, Mittwoch, im Gemeinderat debattiert wird, soll den Kleinen der Zugang zu elementarer Bildung ermöglicht werden, heißt es aus dem Büro von Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ).

Die neuen Plätze werden bei jenen Trägerorganisationen angeboten, die bereits im Rahmen des "beitragsfreien Kindergartens" gefördert werden und eine behördliche Betriebsbewilligung für das Führen einer Integrationsgruppe besitzen. Für diese Kindergärten erhöht sich der Förderbetrag monatlich um 800 Euro pro Kind auf rund 1400 Euro.

Kritik an dem Projekt kommt von der Wiener ÖVP. Begonnen bei dem Umstand, dass es sich lediglich um ein Pilotprojekt handelt, das vorerst bis Ende August 2022 angesetzt ist. Die türkise Bildungssprecherin Sabine Schwarz sieht dadurch die Plätze für jene Kinder, die gefördert werden, gefährdet. Eltern hätten keine Sicherheit, dass ihre Kindergartenplätze auch im Herbst 2022 weiter zur Verfügung stehen. "Das Pilotprojekt wird auslaufen, es gibt keine finanzielle Garantie über den Zeitraum hinaus. Die Frage, was mit den Kindern passiert, die weiter Betreuung ¬benötigen, ist nicht geklärt", sagt Schwarz im Gespräch mit dem STANDARD. "Man kann so eine sensible Materie nicht als Pilotprojekt ansetzen."

Zudem sei weder die Qualität der Betreuung garantiert noch dass es nicht zu Fördermissbrauch komme.

Unklare Bedarfshöhe

Derzeit gibt es für Kinder mit Behinderung 2000 geförderte Kindergartenplätze im städtischen Bereich. 241 Kinder seien im Dezember 2019 laut der zuständigen Magistratsabteilung 10 für einen solchen Integrationsplatz vorgemerkt gewesen. Das bedeutet: Die Eltern haben ihre Kinder angemeldet, aber keinen Platz bekommen. Das heiße jedoch nicht, dass der Bedarf in dieser Höhe tatsächlich gegeben ist. Die Zahl könne man "nicht eins zu eins umrechnen", sagt Daniela Cochlar, Leiterin der MA 10 – Wiener Kindergärten, im STANDARD-Gespräch. So würden Eltern ihre Kinder manchmal auch vorsorglich melden.

Gefördert werden die Plätze für Kinder, die einen Anspruch auf eine erhöhte Familienbeihilfe haben. Das sind jene Kinder, denen eine psychische oder physische Beeinträchtigung von mindestens 50 Prozent attestiert wurde. Aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2018 durch die damalige Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) geht hervor, dass im Jahr 2017 in Wien an rund 18.200 Kinder eine solche erhöhte Beihilfe ausbezahlt wurde. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor, auch keine Daten zum Alter der Kinder. Schwarz sieht in diesem Kriterium ein Problem. So hätten auch Kinder mit einer 40- oder 30-prozentigen Beeinträchtigung einen höheren Betreuungsbedarf, auf den nicht eingegangen würde."Wir mussten die Förderung an einem Kriterium festmachen", so Cochlar.

Es sei nicht das "Nonplusultra", aber ein objektiv messbares Kriterium. Im ersten Jahr der Pilotphase werde evaluiert, ob die Maßnahme greift. Tatsache ist, dass nicht klar sei, wie hoch der Bedarf an Plätzen ist.

Sonderpädagogenmangel in Wien

Die ÖVP Wien fordert weiters, dass die Stadt einen Pool an Psychologen und Logopäden schafft, um so mobile Unterstützungsteams für die Kindergärten zur Verfügung zu stellen. Auch soll der Betreuungsschlüssel in den Gruppen überarbeitet werden. Aktuell ist für die Betreuung einer Kleinkinder-Integrationsgruppe mit maximal 15 Kindern kein Sonderpädagoge vorgesehen. In einer Kindergartengruppe ab drei Jahren liegt die Höchstgrenze bereits bei 20 Kindern, davon sechs Kinder mit erhöhtem Betreuungsbedarf.

"Die Herausforderung ist, dass es nicht genügend Fachpersonal am Markt gibt", sagt Cochlar. Im städtischen Bereich würde eine niedrige dreistellige Zahl an Sonderpädagogen fehlen. Am Ende des Semesters würden zwar zwei Lehrgänge abschließen. Die 26 Absolventen seien jedoch nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein". (Oona Kroisleitner, 29.1.2020)