Der Krater selbst ist zwar längst erodiert, anhand seiner geologischen Zusammensetzung ist er aber noch rekonstruierbar.
Foto: Google Earth

Im Outback von Westaustralien liegt ein gewaltiger Einschlagskrater, der heute allerdings nur noch indirekt – nämlich am dort vorgefundenen Gestein – identifizierbar ist. Die ursprüngliche Kraterform ist nicht einmal mehr aus der Luft oder per Satellit erkennbar. Immerhin hatte das Gelände dort über zwei Milliarden Jahre Zeit, die Kraterstrukturen erodieren zu lassen, berichten Forscher der Curtin University in Perth. Sie sind davon überzeugt, den bisher ältesten Einschlagskrater auf der Erde aufgespürt zu haben.

Messungen

Bekannt ist der Yarrabubba-Krater zwar schon länger, doch erst jetzt wurde eine genaue Altersbestimmung vorgenommen. Dafür analysierte das Team um Timmons Erickson, der auch für das Johnson Space Center der Nasa arbeitet, die Isotopenverteilungen in den Mineralen der Region – insbesondere Zirkon und Monazit, die häufig für geologische Datierungen herangezogen werden.

Die Analyse von Zirkon-Kristallen half dabei, Zeitpunkt und Charakter des Ereignisses, das den Krater geschaffen hat, zu rekonstruieren.
Foto: Curtin University

Das im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlichte Ergebnis ihrer Messungen: Der Krater ist 2,229 Milliarden Jahre alt, etwa 200 Millionen Jahre älter als der bislang älteste bekannte Einschlagskrater. Dass der Yarrabubba-Krater tatsächlich auf einen Einschlag zurückgeht, leiten die Forscher aus der "geschockten" Form der Minerale ab, hervorgerufen durch plötzlichen enormen Druck. Sie gehen daher davon aus, dass hier ein Asteroid oder sehr großer Meteorit eingeschlagen ist und einen Krater von bis zu 70 Kilometern Durchmesser produziert hat.

Kritischer Zeitpunkt

Der festgestellte Zeitpunkt hat umgehend die Fantasie der Forscher beflügelt. Er fiele nämlich in die Spätphase des längsten bekannten Eiszeitalters der Erdgeschichte, der Huronischen Eiszeit (benannt nach geologischen Formationen am nordamerikanischen Huronsee). Diese Zeit, in der das Leben noch ganz auf einzellige Organismen beschränkt war, gilt auch als das erste Auftreten des "Schneeballs Erde".

Dieser Begriff wird heute zumeist auf die Ära vor 750 bis 580 Millionen Jahren angewandt, in der der Planet zwei- oder dreimal weitestgehend von Eis bedeckt gewesen sein soll. Mit der Huronischen Eiszeit dürfte es aber schon lange vorher einen vergleichbaren "Schneeball" gegeben haben, haben Forscher aus Gesteinsformationen der Zeit vor über zwei Milliarden Jahren geschlossen. Und der Yarrabubba-Asteroid könnte seinen Teil dazu beigetragen haben, diese Mega-Eiszeit zu beenden, wenn man nach Erickson und seinem Kollegen Nicholas Timms geht.

Größenordnungen

Im Alltagsgebrauch wird mit dem Wort Eiszeit zumeist eine Kaltzeit gemeint, in der die Gletscher vorrücken. Solche Kaltzeiten wechseln sich mit Warmzeiten ab und bewegen sich in Zeiträumen von "nur" zehntausenden Jahren. Zusammengefasst ergeben sie ein Eiszeitalter wie das, in dem wir immer noch leben und das schon eine andere Größenordnung hat: Je nach Perspektive hat das aktuelle Eiszeitalter vor knapp drei Millionen Jahren begonnen, als die Arktis zufror. Oder es ist gut zehnmal so alt und begann mit der Vereisung der Antarktis – ab diesem Zeitpunkt wurde es auf dem ganzen Globus immer kühler.

Die Huronische Eiszeit allerdings soll noch einmal zehnmal länger gewesen sein und etwa 300 Millionen Jahre gedauert haben. Von der Gegenwart zurückgerechnet, käme man damit in eine Zeit lange vor den Dinosauriern zurück, bis ins späte Karbon, als noch ausgedehnte Wälder voller Riesenlibellen und Riesentausendfüßer die Erde bedeckten. Dieser schwindelerregend lange – und sehr wechselvolle – Zeitraum wäre in der Urzeit der Erde, dem Paläoproterozoikum, ein einziges Eiszeitalter gewesen.

Anfang und Ende

Was die Huronische Eiszeit ausgelöst hat, darüber gibt es verschiedene Spekulationen. Eine davon dreht sich um den Anstieg des Sauerstoffgehalts in der Erdatmosphäre, die sich damals langsam daran machte, ihre heutige Zusammensetzung anzunehmen. Ebenso interessant ist allerdings die Frage, was einen Zustand, der über einen so langen Zeitraum anhielt, in einen anderen kippen lassen konnte.

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Ein gewaltiger Asteroideneinschlag wäre dafür ein guter Kandidat, glaubt Erickson. Wenn die Erde damals tatsächlich ein "Schneeball" war, dann ist der Asteroid auf Eis getroffen und hat gewaltige Mengen davon verdampft. Eine halbe Billion Tonnen an Wasserdampf könnten den Berechnungen der australischen Forscher zufolge in die Atmosphäre gelangt sein – und Wasserdampf ist ein wirksames Treibhausgas. Die Eiszeit hätte damit letztlich überhaupt erst die Bedingungen geschaffen, um sich – mit Nachhilfe aus dem All – selbst abzuschaffen. (jdo, 29. 1. 2020)