Das Herumdoktern am österreichischen Schulsystem geht auch unter Türkis-Grün weiter.

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Wien – Die flächendeckende Einführung der Neuen Oberstufe (Nost) an den allgemeinbildenden (AHS) und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) soll neuerlich um ein Jahr verschoben werden. Statt des Schuljahrs 2021/22 sei nun 2022/23 als Starttermin geplant, bestätigte das Bildungsministerium einen Bericht der "Presse".

Eigentlich sollte die Nost bereits 2017/18 flächendeckend eingeführt werden, Probeläufe gibt es seit 2013/14. Allerdings wurde der Start – auch auf Druck von Eltern-, Lehrer- und Schülervertretern – immer wieder verschoben. Sie hatten die damalige Bildungsministerin Iris Rauskala im Dezember um Verschiebung gebeten. Nun begründete das Ministerium die weitere Verschiebung um ein Jahr mit Verzögerungen aufgrund der Übergangsregierung.

Semesterprüfung statt Sitzenbleiben

Bei der Nost wird ab der 2. Klasse BMHS beziehungsweise der 6. Klasse AHS der Lehrstoff in jeweils ein Semester umfassende Module unterteilt. Bei einer negativen Note in einem Fach muss nicht die gesamte Klasse wiederholt, sondern nur das jeweilige Modul in einer "Semesterprüfung" positiv abgeschlossen werden. Bis zur Matura müssen aber alle "Nicht genügend" ausgebessert sein – andernfalls darf der Schüler nicht zur Reifeprüfung antreten.

Zwei Systeme

Freiwillig haben bisher rund ein Zehntel der knapp 350 AHS- und die Hälfte der 365 BMHS-Standorte auf die Nost umgestellt. Vor der flächendeckenden Ausrollung wird evaluiert – dabei könnte auch eine Absage als Ergebnis herauskommen. Eine Entscheidung dürfte nicht ganz einfach werden: Einerseits kritisieren Lehrer- und Schülervertreter die derzeitige Konstruktion, etwa den Aufwand durch die zahlreichen Semesterprüfungen zur Ausbesserung von Fünfern. Auf der anderen Seite wollen jene Schulen, die bereits umgestellt haben, nicht mehr ins alte System zurückkehren: Die gesetzliche Ausstiegsmöglichkeit wurde kaum wahrgenommen.

Die nunmehrige Verschiebung erfolge aufgrund des Fristenlaufs: Demnächst müssen sich die Schüler für den Übertritt in eine AHS-Oberstufe oder eine BMHS für das Schuljahr 2020/21 anmelden. Dabei sollen die Oberstufenschüler in spe wissen, unter welchen Rahmenbedingungen sie ab dem zweiten Jahr lernen werden. (APA, 29.1.2020)