In Gaza werden wieder einmal Autoreifen verbrannt.

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In Washington wurden Hände geschüttelt, in Ramallah brannte die Straße: Donald Trumps "Deal des Jahrhunderts" hat unter jenen, denen er Frieden bringen soll, höchst unterschiedliche Reaktionen provoziert. Mittwochnacht folgte der erste Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Israel seit der Vorstellung des Nahost-Plans durch den US-Präsidenten am Dienstag, teilte die israelische Armee mit.

Ebenso leidenschaftlich, wie Netanjahu Trumps Plan begrüßte, tat die Palästinenserführung ihre Empörung kund: "Nach dem Unsinn, den wir heute gehört haben, sagen wir tausend Mal Nein", rief Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in einer Rede am Dienstagabend.

Saeb Erekat, der Chefunterhändler der Palästinenser, schrieb auf Twitter, das "sogenannte amerikanische Friedensteam" habe Netanjahus Ideen kopiert. "Der US-Plan erkennt Israels illegale Kolonisierung und Annexion besetzter Gebiete an, die dem Staat Palästina gehören." Tausende Palästinenser protestierten im Westjordanland und Gaza, zündeten Autoreifen an und verbrannten Fotos von Trump und Netanjahu.

Jordaniens Außenminister Ayman Safadi warnte vor "gefährlichen Konsequenzen unilateraler israelischer Schritte wie etwa der Annexion palästinensischer Gebiete". Andere arabische Staaten wiederum halten sich auffällig bedeckt. Ägyptens Außenministerium forderte dazu auf, den Vorschlag sorgfältig zu prüfen.

Saudi-Arabien ließ verlauten, "wir ermutigen zum Beginn direkter Verhandlungen zwischen der palästinensischen und der israelischen Seite unter amerikanischer Schirmherrschaft". Und die Golfstaaten Oman, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hatten sogar ihre Botschafter zur Pressekonferenz von Trump und Netanjahu entsandt. Der türkische Präsident Tayyip Erdogan wiederum bezeichnete den Plan als "absolut inakzeptabel".

In Israel teilen sich die Meinungen entlang politischer Lagergrenzen: Während Oppositionsführer Benny Gantz, Vorsitzender der zentristischen Blau-Weiß-Partei, den Plan als "historischen Meilenstein" lobte, schrieb Tamar Zandberg von der linken Meretz-Partei, "die unilaterale Annexion israelischer Siedlungen würde die Zukunft Israels gefährden, uns in die unmittelbare Gefahr von Gewalt begeben und de facto die Zweistaatenlösung begraben".

"Nimm alles, jetzt"

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums warnten Vertreter der Siedlerbewegung vor der Gründung eines Palästinenserstaates. "Der gefährliche Teil des Planes, die Gründung oder Anerkennung eines palästinensischen Staates, wird nicht Wirklichkeit werden", twitterte Ayelet Shaked von der Partei Neue Rechte. Ihr Parteifreund Verteidigungsminister Naftali Bennett – stets bedacht, den Premier rechts zu überholen – drängte Netanjahu, die Siedlungen im Westjordanland sofort zu annektieren, anstatt bis zur Wahl Anfang März zu warten: "Wenn die Geschichte an die Tür klopft, wartet man nicht bis nach der Wahl", sagte er in einer Videoansprache. "Nimm alles, jetzt."

Gudrun Harrer erklärt im Podcast, was wirklich hinter Trumps "Jahrhundert-Deal" steckt.

Der israelische Präsident Reuven Rivlin begrüßte am Mittwoch bei seiner Rede im Deutschen Bundestag – anlässlich des Gedenkens an die Befreiung von Auschwitz – Trumps Plan und sprach von "Momenten, die viele große Hoffnungen wecken". Beide Seiten müssten den Plan "tiefgreifend studieren", es gelte nun, Vertrauen zu den Palästinensern aufzubauen.

"Da können Sie uns sehr helfen", sagte Rivlin und wandte sich damit direkt an die anwesende deutsche Bundesregierung. Er sagte auch: "Ich danke der Regierung in Deutschland, die der israelischen Sicherheit verpflichtet ist." Allerdings äußerte sich der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) zurückhaltender. Zwar sei jeder "Impuls" zu begrüßen. Aber: "Nur eine für beide Parteien akzeptable, verhandelte Zweistaatenlösung kann zu einem dauerhaften Frieden führen."

Der in Wien weilende israelische Vize-Generaldirektor für Medien und Kommunikation, Noam Katz, gab sich im STANDARD-Gespräch vorsichtig optimistisch: "Wir müssen und werden einen Weg finden, den Konflikt zwischen unseren beiden Nationen zu beenden. Ich weiß nicht wann und ob, aber ich hoffe es." (Mareike Enghusen aus Tel Aviv Birgit Baumann aus Berlin, Maria Sterkl, red, 29.1.2020)