Josef Haslinger und Martin Thür in der "ZiB 2", hier zum Nachsehen in der ORF-TVThek.

Screenshot: tvthek.orf.at

Sexuellen Missbrauch an Kindern zu bekämpfen heißt, gegen vielfache Widerstände anzukämpfen. Die Auseinandersetzung des Schriftstellers Josef Haslingers mit den Übergriffen zweier Patres und eines Lehrers auf ihn, als er in den 1960er-Jahren ab dem zehnten Lebensjahr im Stift Zwettl Schüler war, ist ein Beweis dafür. In seinem neuen Buch Mein Fall schildert er das.

Er habe die Vorfälle lange relativiert und eine ungeschminkte Konfrontation bis zum Tod der Täter vermieden – denn es sei immerhin möglich, dass die Männer inzwischen in sich gegangen seien. In diesem Fall habe er ihnen nicht "das Alter versauen" wollen, sagte Haslinger Mittwochabend im "ZiB 2"-Interview mit Martin Thür.

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Ob das nicht zu viel an Rücksicht gewesen sei, wollte Thür folgerichtig wissen: "Gleichzeitig schreiben Sie, die Täter hätten Ihnen die Kindheit versaut." "Es war auch eine Rücksicht auf mich selbst", antwortete Haslinger und bot damit kurz Einblick in die Ambivalenzen und inneren Kämpfe, die mit der Aufarbeitung erlebten Missbrauchs einhergehen.

Dabei nicht wirklich hilfreich war dem renommierten Autor die von der katholischen Kirche eingesetzte – und damit letztlich Kirchenrecht verpflichtete – Opferschutzeinrichtung, die sogenannte Klasnic-Kommission. Zwar sprach sie Haslinger 10.000 Euro für eine Psychotherapie zu, doch davor musste er seinen Fall dreimal schildern, um ihn dokumentiert zu sehen. Die Klasnic-Kommission schone die Täter, bejahte Haslinger denn auch eine Frage Thürs. Den Opfern gewähre sie "nur symbolisch Genugtuung". (Irene Brickner, 29.1.2020)