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Kritiker sehen in dem von ÖVP und FPÖ in Oberösterreich jetzt nachgebesserten Sozialhilfegesetz eine Mogelpackung, die erneut zulasten der Kinder gehe.

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In der Sitzung des Oberösterreichischen Landtags stehen die Zeichen am Donnerstag auf Korrektur. Konkret müssen ÖVP und FPÖ offiziell bei der Mindestsicherung nachbessern. Nötig geworden ist die politische Fehlerbehebung, da der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Grundsatzgesetz in zentralen Punkten aufhob. Konkret waren es die Verknüpfung mit Sprachkenntnissen und die gestaffelten Höchstsätze bei Kindern, die den VfGH zum Rotstift greifen ließen.

Das schwarz-blaue Nachsitzen förderte jetzt weitgehend Bekanntes zutage: Das nun vorgestellte Gesetz, das rückwirkend ab 1. Jänner gilt, orientiert sich stark an der früheren, viel kritisierten Regelung des Bundeslandes.

Alte Regeln, neu verpackt

Der VfGH hatte es als unsachlich bezeichnet, dass Sozialhilfebezieher schwierige Deutschtests bestehen müssen, um weiter ihre monatlichen Beiträge zu erhalten. Sozialhilfe dürfe nicht an bestimmte Sprachkenntnisse geknüpft sein, hieß es. Das Land Oberösterreich verwendet deshalb jetzt andere Formulierungen. Die Rede ist nun von einer "Bemühungspflicht", die für die Integration nötigen Sprachkenntnisse zu erwerben. Die Betroffenen müssen die sogenannte Integrationsvereinbarung erfüllen wollen. Und die sieht erst recht wieder schwierige Sprachprüfungen vor. Andernfalls droht eine stufenweise Kürzung der Bezüge. Zunächst um 25 Prozent für drei Monate, im Extremfall bis zum Verlust der gesamten Leistung.

Bei den Kürzungen für Mehrkindfamilien gibt es ebenfalls keine Lockerung. Nach der alten – gekippten – Regelung sollte es für das erste Kind 25 Prozent des Richtsatzes für Alleinerziehende (aktuell 917,35 Euro), für das zweite 15 Prozent und für jedes weitere fünf Prozent geben. Das würde bedeuten: Bei einem Kind erhielte man 25 Prozent, bei zwei Kindern 40, bei drei 45, bei vier 50 und bei fünf Kindern 55 Prozent dieses Sockelbetrags. Der VfGH sah in dem Gesetz eine "sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von Mehrkindfamilien". Im Ergebnis wird es aber auch jetzt bei diesen Prozentsätzen bleiben.

Genau das wird nun von der Opposition kritisiert. Die SPÖ moniert, dass bei den Sätzen für die Kinder unter dem Strich wieder exakt der gleiche Betrag herauskomme wie bei dem vom VfGH gekippten Modell. Die ÖVP rechtfertigt das damit, dass man sich bei der Formulierung an einer früheren Regelung orientiert habe – und diese habe bereits einmal vor dem VfGH standgehalten, so Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer. Die SPÖ sieht in der Regelung jedoch eine Förderung der Kinderarmut. "110 Euro pro Kind in einer Großfamilie ist eine Verhöhnung", so SPÖ-Sozialsprecher Peter Binder. Was die Sprachkenntnisse angehe, so hält er "zusätzliche und willkürliche Regelungen" für nicht notwendig. Auch die Grünen üben Kritik. Ihre Fraktion werde dem Gesetz "sicher nicht zustimmen", kündigte Sozialsprecherin Ulrike Schwarz an. "Für uns ist jedes Kind gleich viel wert." Die Grünen fordern daher 229 Euro pro Kind.

SPÖ bringt Antrag ein

In Niederösterreich soll am Donnerstag ein ähnliches Modell beschlossen werden wie in Oberösterreich. Bei der Mehrkindstaffelung etwa gleichen sich die Vorschläge. Die beiden Bundesländer beschreiten damit einen "Weg der Harmonisierung", erklärte ÖVP-Klubchef Klaus Schneeberger. Die FPÖ kündigte an, dem neuen Ausführungsgesetz "mit viel Bauchweh" zuzustimmen. Die SPÖ hat für die Landtagssitzung am Donnerstag hingegen einen Abänderungsantrag angekündigt. Gefordert wurde von den Roten unter anderem ein Richtsatz von 23 Prozent für jedes Kind. (Markus Rohrhofer, Maria Sterkl, 29.1.2020)