AMS-Chef Johannes Kopf: Schwarze Schafe gibt es auf beiden Seiten.

Foto: APA

Wien – Wann immer die Wirtschaft besonders rund läuft und Unternehmer händeringend nach Arbeitnehmern suchen, beginnt eine Debatte darüber, wie groß die Bereitschaft unter Arbeitslosen ist, Arbeit wirklich anzunehmen.

So ist es auch dieses Jahr: Das AMS hat im vergangenen Jahr immerhin 60.000 Sperren von Arbeitslosengeld gegen Jobsuchende verhängt, weil Betroffene eine Jobaufnahme oder eine Schulungsteilnahme vereitelt haben. Das war ein Plus von 34 Prozent gegenüber 2018. Ein politisch besonders umkämpfter Punkt ist die schleppende Vermittlung von Jobsuchenden von Ost nach West.

Tourismusgewerkschafterin Anna Daimler von der Vida dreht den Spieß um. Das AMS möge endlich auch bei Unternehmen rigoroser durchgreifen und öfter Sperren verhängen, wenn sich Firmen "aufführen", sagte sie bei einer Videodiskussion im STANDARD-Studio. Gemeint ist, dass an Betriebe mit schlechten Arbeitsbedingungen vom AMS keine Dienstnehmer vermittelt werden. Das Thema ist besonders in der Gastronomie virulent, weil oft Kost und Logis angeboten wird.

Aber wie sieht die Praxis aus, gibt es tatsächlich Sperren gegen Unternehmer? Nach Angaben des Arbeitsmarktservice sind aktuell 570 Unternehmen mit einem gänzlichen Vermittlungsverbot belegt. Davon ist fast jeder fünfte Betrieb in der Beherbergung und Gastronomie tätig.

Talk im STANDARD über Jobvermittlung von Ost nach West: Sepp Schellhorn (Neos) und Anna Daimler stritten darüber, wie Arbeitnehmer mobiler werden können.
DER STANDARD

In etwa 70 Prozent der Fälle werden keine Arbeitnehmer mehr vermittelt, weil das betreffende Unternehmen insolvent geworden ist. Bei etwa 30 Prozent vermittelt das AMS wegen eines Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz niemanden mehr. Lediglich bei einem Prozent, also bei einer Handvoll Firmen, wurde eine Sperre auferlegt, weil gegen die Rechte von Dienstnehmern verstoßen wurde.

Besteht also dringend Handlungsbedarf? AMS-Chef Johannes Kopf sagt, dass er verstehe, "dass angesichts einer Debatte über schwarze Schafe unter Jobsuchenden, Arbeitnehmer darauf aufmerksam machen, dass es schwarzen Schafe auch bei Arbeitgebern gibt". Zugleich sagt er, dass es um zwei unterschiedliche Debatten gehe. Die Zahl der Sperren von Arbeitslosengeld sei nicht deshalb höher, weil Betriebe sich nicht an Spielregeln halten. Wenn ein Betrieb zum Beispiel eine Entlohnung unter Kollektivvertrag anbietet und ein Arbeitnehmer deshalb den Job ablehnt, gebe es keine Konsequenzen für den Jobsuchenden.

Bekommt das AMS es mit, wenn das Arbeitsrecht verletzt wird? Kopf bejaht. Über Sperren von Betrieben entscheiden die Regionalbeiräte der AMS-Geschäftsstellen. In diesen sitzen neben AMS-Vertretern und Arbeitgebern auch Gewerkschaft und Arbeiterkammer. Diese haben Interesse, Missstände zu melden, so Kopf.

Gesucht: Hochwertige Jobs

Die Qualität von Arbeitsplätzen ist im Tourismus eines der wichtigsten Themen, soweit sind alle Beteiligten einig. Dazu gibt es ein paar interessante Leuchtturmprojekte der Tourismusindustrie. Eines davon ist in der Salzburger Region Pongau. Dort haben sich 30 Betriebe zu einer Initiative zusammengeschlossen, die hochwertige Jobs im Tourismus anbieten. Das AMS organisiert mit diesen Unternehmen Auftritte in Wien, um Arbeitnehmer zu finden, erzählt der Chef der zuständigen AMS-Geschäftsstelle in Bischofshofen, Thomas Burgstaller.

Warum die Jobs gut sind? Die Firmen bieten Dienstnehmern an, Infrastruktur im Hotel zu nutzen. Manche stellen gratis Skikarten zur Verfügung, die Quartiere seien gut, sagt Burgstaller. Das AMS hole sich Feedback vermittelter Arbeitnehmer ein. Wenn es Probleme gibt, melde man das an die Firmen zurück. Die erwähnten 30 Betriebe hätten auch in der heurigen Saison alle von benötigten Arbeitskräfte gefunden, so Burgstaller. (András Szigetvari, 29.1.2020)