Ein Job in der Pflege ist für viele Menschen unattraktiv. Grund sind die meist schlechten Arbeitsbedingungen in einer physisch wie psychisch fordernden Branche.

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Wien – Mit Demonstrationen und Protestaktionen bis hin zum Streik wollen Gewerkschafter und Arbeitnehmer in privaten Pflege- und Sozialeinrichtungen bis 10. Februar Druck machen. Am kommenden Montag finden die nächsten Gehaltsverhandlungen für die 125.000 Dienstnehmer in der "Sozialwirtschaft Österreich" (SWÖ) statt.

Die vierte Verhandlungsrunde war Mittwochabend nach zehn Stunden unterbrochen worden. Als unüberwindlich erwies sich einmal mehr die Forderung der Arbeitnehmervertreter, die wöchentliche Normalarbeitszeit auf 35 Stunden zu senken – bei vollem Lohnausgleich. "Zu teuer, nicht machbar", attestieren die Arbeitgeber rund um SWÖ-Verhandlungsführer Walter Marschitz. Hilfswerk, Volkshilfe und Co sehen dadurch den Fachkräftemangel insbesondere in der Langzeitpflege zusätzlich verstärkt. Auch würde das zu viel kosten, bei Teilzeitkräften käme es einer Gehaltserhöhung um 8,6 Prozent gleich.

Auch Etappenziel gescheitert

Dass man Arbeitszeitverkürzung nicht grundsätzlich ablehnt, zeigt der Umstand, dass über einen Fahrplan in Etappen verhandelt wurde. Es habe sich aber herausgestellt, dass es nicht machbar sei, sagt Marschitz. Bereits jetzt führe der Personalmangel in Pflegeheimen dazu, dass dringend benötigte Plätze nicht angeboten werden können. Das wäre durch eine Arbeitszeitreduktion noch verschärft worden, so der SWÖ-Geschäftsführer.

Die "ZiB 1" hat sich den Alltag in einem Pflegeheim angesehen.
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Gesprächsverweigerung attestiert hingegen Eva Scherz, die Verhandlerin der Privatangestelltengewerkschaft (GPA). Eine dringend notwendige Verkürzung der Wochenarbeitszeit sei zuletzt gar kein Thema mehr gewesen. Deshalb werde man jetzt Kundgebungen organisieren und die Öffentlichkeit informieren. Um den Druck zu erhöhen, holte man sich am Donnerstagvormittag die Streikfreigabe des ÖGB. Wenn am 10. Februar auch nichts weitergehe, werde man auch vor dem Einsatz gewerkschaftlicher Kampfmaßnahmen nicht zurückschrecken.

Volkshilfe schert aus

Die der SPÖ nahe stehende Volkshilfe scherte nun vom Kurs der Arbeitgeber aus. "Aus Verantwortung für ihre MitarbeiterInnen" plädiere man dafür, eine schrittweise Einführung einer Arbeitszeitverkürzung weiter zu verhandeln, appellierte der Präsident der Volkshilfe Österreich, Ewald Sacher, am Donnerstagmittag. Die Voraussetzung für gute Betreuungsarbeit seien gut ausgebildete und motivierte MitarbeiterInnen. "Daher müssen wir als Arbeitgeber für positive Rahmenbedingungen sorgen, ein Teil davon ist die Arbeitszeit und die Entlohnung."

Pflegeberuf attraktivieren

Dass von einer Arbeitszeitverkürzung lediglich ein Drittel der Beschäftigten profitieren würde, wie die Arbeitgeber ins Treffen führten, lässt man auch bei der Dienstleistungsgewerkschaft Vida nicht gelten. Freizeit sei in derart anstrengenden Berufen wie Pflegeeinrichtungen das höchste Gut. Die angebotenen 2,35 Prozent Entgelterhöhung – das entspricht in etwa dem Abschluss des öffentlichen Dienstes – seien kein Ersatz. "Wenn die Arbeitgeber den Pflegenotstand bekämpfen wollen, täten sie gut daran, die Branche zu attraktivieren. Die 35-Stunden-Woche ist das richtige Mittel dazu", stellte Vida-Verhandlerin Michaela Guglberger klar.

Wenn beim nächsten Mal wieder nichts weitergehe, werde man "in Warnstreiks treten", kündigte GPA-Verhandlerin Scherz an. (ung, APA, 30.1.2020)