Einige Vorsitzende von Museumskuratorien wurden per Ministerin-E-Mail von Karoline Edtstadler informiert, dass sie nicht verlängert werden.

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Der frühere Flüchtlingskoordinator und Ex-Bankmanager Christian Konrad (rechts) gilt als ÖVP-Mann, war aber zuletzt als Parteikritiker in Ungnade gefallen.

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Wien – Die Neuverteilung der Ressortverantwortlichkeiten unter Türkis-Grün brachte es mit sich, dass Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) bis zur am Dienstag erfolgten Übergabe an Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) für wenige Tage die Kulturagenden verantwortete.

Drei Bundesmuseen betroffen

Wie nun bekannt wurde, nutzte sie diesen Umstand, um drei Kuratoriumsvorsitzende in Bundesmuseen auszutauschen. Deren Amtszeit war zwar mit Ende des Jahres ausgelaufen, alle hatten aber angeboten weiterzumachen. Edtstadler hatte in letzter Sekunde Christian Konrad (Albertina), laut "ZiB 2" auch Peter Kostelka (Technisches Museum) und Hannes Sereinig (Mak), per Mail vom Ende ihrer Tätigkeit informiert.

Konrad gilt als ÖVP-Mann, war aber zuletzt als Parteikritiker etwa in der Flüchtlingskrise in Ungnade gefallen. Kostelka und Sereinig sind der SPÖ zuzurechnen. Mit den Grünen sei diese Vorgangsweise abgesprochen gewesen, bestätigte Mittwochabend die Pressesprecherin von Ulrike Lunacek dem STANDARD.

Kritik kam von den Neos.

Verwirrung gab es um die Nachfolge: So hat die angeblich für die Albertina bestellte Kunsthistorikerin Daniela Hammer-Tugendhat ihrer Ernennung nicht zugestimmt. Als Stellvertreterin könnte nun "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand zum Zug kommen.

Reaktionen

SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda hat die Last-Minute-Personalentscheidungen Edtstadlers am Donnerstag als aufklärungsbedürftig bezeichnet und ein parlamentarisches Nachspiel in Form einer Anfrage angekündigt. Die Abberufungen der Museums-Kuratoriumsvorsitzenden seien "mit stiller Duldung der Grünen" passiert, kritisierte er auch den Koalitionspartner der Türkisen. Drozda erinnerte auch an die Besetzung der kaufmännischen Geschäftsführung der Staatsoper mit ÖVP-Landesrätin Petra Bohuslav, die die Grünen "abgenickt" hätten.

Auch aus den Reihen der Neos gab es Kritik an der Vorgehensweise. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bezeichnete die Abberufung der Kuratoriumsvorsitzenden durch Edtstadler kurz vor der Übergabe der Kulturagenden an Lunacek am Mittwoch auf Twitter als "türkise Härte". Die pinke Partei zeigte sich allgemein enttäuscht, dass sich die Grünen "am Nasenring durch die Manege" ziehen lassen würden, wie Kultursprecher Sepp Schellhorn sagte.

Für die FPÖ ist die Abberufung von drei Kuratoriumsvorsitzenden in Museen durch Kurzzeit-Kulturministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) "Postenschacher in Reinkultur". Es wirke sehr eigenartig, dass diese Entscheidungen nicht dem neuen Kulturminister Werner Kogler oder seiner Staatssekretärin Ulrike Lunacek (beide Grüne) überlassen worden sind, findet FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger. "Während höchstqualifizierte Personen, die dem freiheitlichen Lager nahestehen, bei Neuantritt einer Führungsfunktion stets in heftige mediale Kritik geraten, ist bei Schwarz-Grün unverhohlen und mit einer überheblichen Selbstverständlichkeit dreiste Postenschacherei bereits nach kürzester Zeit des gemeinsamen Regierens an der Tagesordnung", beklagte er sich am Donnerstag in einer Aussendung. Um in der Causa Licht ins Dunkel zu bringen, habe die FPÖ eine parlamentarische Anfrage an den neuen Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport eingebracht.

ÖVP und Grüne beschwichtigen

Für die ÖVP sind die Postenbesetzungen kurz vor der Übergabe der Ressortagenden an die Grünen hingegen normal. Kanzler Sebastian Kurz freute sich auf entsprechende Nachfragen bei der Regierungsklausur sogar, dass nicht nur mehr Männer an der Spitze der Kuratorien stünden.

Vizekanzler Werner Kogler wiederum bestätigte, dass seine Partei über die bevorstehenden Personalia informiert worden sei. Er werde sich die ganze Sache in den kommenden Tagen noch anschauen. Vorerst habe er anderes zu tun gehabt, verwies er auf die gerade zu Ende gegangene Regierungsklausur.

Kurzzeit-Kulturministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte, dass die Expertenregierung keine Postenbesetzungen vorgenommen habe und die Funktionsperioden eben mit Jahresende 2019 ausgelaufen seien. Daher habe sie so schnell wie möglich den Prozess zur Besetzung der Positionen in die Wege geleitet.

Kurz unterstrich in der Pressekonferenz, dass die Grünen informiert gewesen seien. Alles andere wäre unüblich gewesen. Den nicht verlängerten Vorsitzenden wie Christian Konrad richtete der Kanzler seinen Dank aus. Es sei aber etwas normales, wenn auch einmal neue Personen zum Zug kämen. (red, APA, 29.1.2020)