Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) können nach wie vor wenig Konkretes ankündigen.

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Wie Vorhaben finanziert werden sollen bleibt unklar.

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Beim Teambuilding ist die Koalition stark. Schon bei den Sondierungen haben ÖVP und Grüne das Kennenlernen ausgiebig zelebriert, und auch bei der Klausur in Krems tönte es trotz des ersten Beziehungskriserls im Vorfeld unisono: Die Stimmung ist prächtig. Wer die gelöste Atmosphäre beim Abendessen und den anschließenden Absackern an der Bar erlebt hat, ist geneigt, das für nicht aufgesetzt zu halten.

Aber hat die Koalition nach ihrem Treffen auch Handfesteres zu bieten als freundliche Nasenlöcher? Fehlanzeige. Als Ergebnis der Klausur priesen die Regierungsspitzen an, was seit einem Monat in ihrem Arbeitsübereinkommen nachzulesen ist. Die entscheidenden Fragen bleiben offen.

Nach wie vor ist das Ökopaket zu schwammig, um sich Vorschusslorbeeren zu verdienen. Der Umbau der Pendlerpauschale kann ein großer Wurf werden – oder aber, wenn die Koalitionäre auf zu viel Schonung setzen, die Behübschung einer Autoverkehrsförderung. Ebenso unklar ist, wie der Tanktourismus gebremst werden soll; zum naheliegenden Weg, die Steuerbegünstigung für Diesel abzuschaffen, hat sich die Regierung nicht durchgerungen. Das bislang konkreteste Vorhaben ist bloß eine halbe Sache: Die Reform der Flugticketabgabe macht kurze Distanzen teurer, Langstrecken widersinnigerweise billiger.

Überzogene Erwartungen

Allerdings soll die Koalition nicht an überzogenen Erwartungen gemessen werden. Wenn der Juniorpartner noch nicht einmal Ministerkabinette und Parlamentsklub voll besetzt hat, dann darf innerhalb von drei Wochen nicht mit einem ausgefeilten Ökosteuerkonzept gerechnet werden. Und grundsätzlich sinnvoll sind die Vorhaben ja, das gilt auch für das zweite große Projekt für die nahe Zukunft: Die auf moderate Einkommen zugeschnittene Steuersenkung bietet gerade Frauen einen Anreiz, mehr zu arbeiten, und wird die Kaufkraft bei mauer Konjunktur stärken.

Dann aber dürfte das Pulver weitgehend verschossen sein. Der Überschuss im Budget reicht laut Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) in etwa aus, um die erste Stufe der Steuersenkung abzudecken. Das Ökopaket wird nicht so viel in die Kasse spülen, um die weiteren versprochenen Entlastungsschritte gegenzufinanzieren, vom sündteuren Öffi-Ausbau ganz zu schweigen. Auf sprudelnde Staatseinnahmen infolge eines Wirtschaftsaufschwungs wie unter Türkis-Blau darf die Regierung laut Prognosen diesmal nicht hoffen.

Klug wäre, das Dogma des Nulldefizits aufzugeben und die Investitionen über billige Kredite zu berappen. Doch die ÖVP hat auch in Krems das "Ende der Schuldenpolitik" propagiert.

"Sparen im System"

Bleiben Einsparungen als Alternative. Das türkise Versprechen vom "Sparen im System" stößt allerdings rasch an Grenzen, wenn die Länder nicht mitspielen. Eine Föderalismusreform ist langwierig, wenn nicht politisch unmöglich. Der "strenge Budgetvollzug", die zweite türkise Wunderwaffe, droht auf das hinauszulaufen, was die Grünen nie wollten: Der Staat bremst bei wichtigen Investitionen, wie sie der Koalitionspakt ja nicht nur für die Umwelt verspricht, sondern auch für Schulen, Pflege und Kinderbetreuung.

Aus diesem Grund haben die Grünen generelle Steuersenkungen früher stets für problematisch gehalten. Umso erstaunlicher ist, dass Parteichef Werner Kogler bei seinem Auftritt in Krems eine insgesamt sinkende Abgabenbelastung als Ziel ausgab. Er riskiert dafür einen hohen Preis. (Gerald John, 30.1.2020)