Rekonstruktion der neuentdeckten Art Calumma benovskyi.
Illustration: Connor Ross

Chamäleons mögen auf den ersten Blick einen urtümlichen Eindruck machen – tatsächlich handelt es sich jedoch um eine vergleichsweise junge Reptiliengruppe: Vom Rest der schuppigen Verwandtschaft dürften sie sich erst einige Millionen Jahre nach dem Einschlag des Dinosaurier-Killers abgespalten haben. Und die frühesten Fossilien eindeutiger Chamäleons sind noch wesentlich jünger.

Das Senckenberg-Forschungsinstitut berichtet nun von einem Fund aus Kenia, der mit 18 Millionen Jahren zu den bislang ältesten jemals gemachten zählen kann. Der Schädel gehört zu einer bislang unbekannten Art der Gattung Calumma. Diese Gattung ist heute nur noch auf Madagaskar zu finden; die Entdeckung belegt also, dass auch sie – wie so viele andere Tiere der einzigartigen madagassischen Fauna – ihren Ursprung in Afrika hat. Die neue Spezies erhielt die Bezeichnung Calumma benovskyi und wurde im Fachjournal "Scientific Reports" vorgestellt.

Der fossile Schädel des Tiers wurde mit mikrotomografischen Scans untersucht.
Foto: Senckenberg-Institut

Chamäleons sind heute über ganz Afrika, Teile Vorder- und Südasiens sowie einige Regionen Südeuropas verbreitet. Der Hotspot ist allerdings Madagaskar, über die Hälfte aller Chamäleon-Arten lebt auf der Insel. "Lange war man daher davon ausgegangen, dass die 'Wiege der Chamäleons' auf Madagaskar liegt", sagt Senckenberg-Forscher Thomas Lehmann. "Wir haben nun den ersten Nachweis für den Ursprung der charakteristischen Schuppenkriechtiere auf dem afrikanischen Festland gefunden!"

Doch wie gelangten die als eher schlechte Schwimmer bekannten Chamäleons von Kenia nach Madagaskar, das sich schon vor 100 Millionen Jahren vom afrikanischen Kontinent abgespalten hat? "Wir gehen davon aus, dass die Chamäleons auf 'schwimmenden Inseln', Flößen aus Baumstämmen und Ästen, nach Madagaskar kamen. Solche Transportwege sind bereits von verschiedenen Tierarten bekannt – bei einer baumlebenden Art erscheint dieses Szenario zudem sehr wahrscheinlich", so Lehmann.

Die gewählte Bezeichnung des Tier spielt auf diesen Umstand an: Der ungarische Abenteurer und Forschungsreisende Móric Beňovský segelte als erster Europäer – wenn auch unter eher dubiosen Umständen – über den Nordpazifik. Später leitete er zwei Expeditionen nach Madagaskar, wo er sich von Einheimischen zum "König" krönen ließ. Als französische Truppen eintrafen, wurde er bei einem Gefecht im Jahr 1786 so schwer verwundet, dass er seinen Verletzungen erlag. (red, 30. 1. 2020)