Herbert Kickl (Mitte), umrahmt von AfD-Chefin Alice Weidel (links) und Fraktionschef Alexander Gauland (rechts).

Foto: Epa/Becher

Es gebe da ein paar österreichische Wörter, die nicht jeder Deutsche verstehe, erklärte am Dienstag Erika Steinbach, einst Rechts-außen-Politikerin der CDU, jetzt Chefin der AfD-Parteistiftung. Diese wären laut Steinbach: die Marille (Aprikose), die Semmeln (Brötchen), das Faschierte (Hack) und der Klubobmann (Fraktionschef). Einen solchen "Klubobmann" hatte die AfD-Stiftung zu einem Vortrag geladen, und zwar Herbert Kickl. Fast eine Stunde lang referierte er zu seinem Leib- und Magenthema, der Migration.

Kickl versicherte, bei seiner Stippvisite in Berlin keinen heimlichen Urlaubsfilm gedreht zu haben – "ein solcher plagt uns mehr, als uns recht ist", kommentierte er mit Blick auf Heinz-Christian Straches Ibiza-Abenteuer. Außerdem war Kickl voll des Lobes für die AfD, die "aufsteigende, dynamische Kraft", mit der die FPÖ "unglaublich viele Gemeinsamkeiten" habe. Auch "Ähnlichkeiten in der Sprache", von Marille und Klubobmann vielleicht abgesehen. Alles in allem zeigte sich der einstige Innenminister mit seinem "ersten Auslandskontakt zu einer Partei" sehr zufrieden.

Kritik aus Vorarlberg

Das trifft jedoch nicht auf alle Freiheitlichen zu. Während die Kritik am Mittwoch noch hinter vorgehaltener Hand geäußert wurde – die Rede war etwa von fehlender Absprache durch Kickl –, wagte sich am Donnerstag der Vorarlberger FPÖ-Chef Christof Bitschi aus der Deckung. Solche Auslandsreisen seien "unnötig wie ein Kropf", ließ Bitschi in einer Aussendung wissen.

Er würde "selbst auch solche Reisen nicht machen" und empfahl der Bundespartei, "solche Kontakte zu Parteien im Ausland grundsätzlich einzustellen und sich auf die Aufgaben im Land zu konzentrieren".

Diese harten Worte in Richtung Kickl – den Bitschi freilich nicht namentlich erwähnte – sorgten wiederum für Erstaunen in Wien. Bislang galt eher Parteichef Norbert Hofer als ablösegefährdet, da dieser nach Ansicht einiger Parteikollegen zu wenig Präsenz zeigte. "Er ist die Pamela Rendi-Wagner der FPÖ", zitierte der "Kurier" am Mittwoch einen ranghohen Freiheitlichen – Formulierungen, die auch DER STANDARD immer wieder hört.

Überrascht gab man sich im freiheitlichen Parlamentsklub auch über einen Bericht der "Presse", dem zufolge mehrere ehemalige FPÖ-Mitarbeiter zur AfD gewechselt sind. Auf Anhieb fallen dem Klub nur zwei Namen ein, und hier handle es sich in beiden Fällen um Entscheidungen aus der "persönlichen Lebensplanung" der Betroffenen.

Nicht mehr als Mitarbeiter im FPÖ-Klub tätig ist jedenfalls Markus Gudenus, Bruder des einstigen Klubobmanns Johann Gudenus. Auch Bernadette Conrads, die wegen ihrer Nähe zu der rechtsextremen Identitären Bewegung kritisiert worden war, arbeitet dort nicht mehr. Die ehemalige EU-Abgeordnete und Geldbotin Barbara Kappel tauchte zwar auf einer parlamentsinternen Telefonliste auf, dabei handelte es sich laut FPÖ aber um ein Versehen.

Straches rechte Hand

Zu Philippa Strache gewechselt ist Christian Rössner, wie "Stoppt die Rechten" berichtet. Er ist rechts außen bestens vernetzt. Das Mitglied der Burschenschaft Sudetia Wien pflegt etwa Kontakte zur Markomannia Wien in Passau. Dort war wiederum ein AfD-Mitarbeiter tätig, der ins Visier des deutschen Verfassungsschutzes geriet: Dem jungen Ex-Soldaten war vorgeworfen worden, einen Anschlag auf die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen geplant zu haben. Das berichteten "Welt" und "Taz".

Genau solche Verbindungen zeigen für interne Kritiker die Gefahren einer großen Nähe zur AfD. Diese wird von einigen Freiheitlichen als "radikaler" als die eigene Partei eingestuft. Auch die mögliche Beobachtung der Rechts-außen-Partei durch den deutschen Verfassungsschutz sorgt für Unwohlsein. Direkt auf der anderen Seite des Arlbergs verteidigt man Kickls FPÖ-Reise hingegen. "Mit der AfD sind wir auf Europaebene in einer gemeinsamen Fraktion. Da ist wechselseitiger Kontakt gut und wichtig", sagt der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger dem STANDARD. (Fabian Schmid, 30.1.2020)