Regelmäßig trifft sich STANDARD-Chefredakteur Martin Kotynek ...

Foto: Der Standard, Joseph Krpelan

... mit Leserinnen und Lesern zum Abendessen, um mehr über deren Bedürfnisse zu erfahren.

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Am Ende einer komplexen Recherche, wenn alle Fakten geprüft, alle Protagonisten konfrontiert und alle Infos aufgeschrieben sind, folgt ein magischer Moment: der Klick auf "Veröffentlichen". Was dann passiert, ist der Grund, warum wir Journalisten uns teils wochenlang durch Akten wühlen, Informanten treffen, und spätnachts vor den Türen von Konferenzräumen ausharren. Es folgt, was die Kraft des Journalismus ausmacht: das Feedback.

Schon kommen die ersten Reaktionen, unsere Leserinnen und Leser verfassen hunderte Kommentare unter dem Artikel, betroffene Politiker und Firmenchefs äußern sich, die Gesellschaft spricht über das Thema. Am besten ändert sich daraufhin unter dem öffentlichen Druck etwas im Land, im Optimalfall zum Guten. Gäbe es dieses Feedback nicht, würden Recherchen also ohne Antwort bleiben – welchen Zweck hätte Journalismus denn?

Das Internet hat dem Journalismus viele Geschenke gemacht. Reichweite ist eines davon: Journalisten können heute mit ihrer Arbeit mehr Menschen erreichen als je zuvor; Geschwindigkeit und interaktive Erzählformen sind weitere. Das größte Geschenk aber ist massives Feedback.

Klar, Leserbriefe, Politiker-Reaktionen – all das gab es schon vor der Digitalisierung. Doch mit dieser Geschwindigkeit und mit dieser breiten Öffentlichkeit war Feedback vorher nicht möglich. Jeder kann heute auf Plattformen wie derStandard.at seine Meinung veröffentlichen. Jeder hat so die Chance, Millionen Menschen mit seinem Beitrag zu erreichen. DER STANDARD hat dieses Geschenk frühzeitig erkannt, es angenommen und mit einer Redaktion, welche die neuen Möglichkeiten nutzte, eine Diskurs-Plattform aufgebaut; heute, 25 Jahre nach seiner Gründung, betreibt derStandard.at das größte Forum eines Mediums im deutschsprachigen Raum.

Das tun, was Demokratie ausmacht

Die Geschenke des Internets stehen aber freilich auch jenen offen, die sich nicht unbedingt der unabhängigen und kritischen Berichterstattung verschrieben haben. Das Netz ist voll mit verdeckten Kampagnen, die darauf abzielen, Wählerinnen und Wähler in die Irre zu führen, Falschinformationen zu verbreiten, Panik zu schüren, um die Menschen zu manipulieren oder schlicht Geld zu verdienen. Politiker wie Donald Trump haben ihren Erfolg auch diesen Entwicklungen zu verdanken. Parteien, Interessengruppen, ja, Regierungen richten sich direkt an die Menschen, um ihre Botschaft zu verbreiten – ungeprüft durch unabhängige Medien. Es gibt so viel, das daherkommt wie Journalismus, in Wahrheit aber Propaganda ist.

Damit ist der Journalismus heute konfrontiert, und das in einer Phase, in der die finanzielle Grundlage für den Betrieb einer Redaktion eher wackelig ist. Immer stärker fließt Werbegeld aus dem Medienmarkt zu Google und Facebook ab. Doch gerade jetzt braucht es eine kritische Begleitung solcher Großkonzerne durch Medien.

Künstliche Intelligenz, der Klimawandel, aber unter anderem auch der Nullzins, die Schwierigkeit für junge Menschen, sich ein Vermögen aufzubauen, oder die Biotechnologie verändern unsere Gesellschaft massiv. Manche Vordenker meinen, manche dieser Veränderungen, die vor unseren Augen geschehen, würden sogar die Demokratie bedrohen. Sie verweisen auf China mit seinem sozialen Kontrollsystem und seiner massiven Überwachung. Es ist wichtig, dass die Gesellschaft sich an diesen Veränderungen aktiv beteiligt, statt sie passiv über sich ergehen zu lassen. Sich informieren, sich äußern, sich einmischen – das tun, was unsere Demokratie ausmacht.

Auch in den nächsten 25 Jahren werden wir beim STANDARD unseren Beitrag dazu leisten. Wir recherchieren, informieren und analysieren weiterhin unbeugsam und kritisch – unabhängig von der politischen Großwetterlage. Mit Projekten wie "Österreich spricht", "Europa spricht" und in diesem Jahr "Wien spricht" bringen wir tausende Menschen auch jenseits des Kommentarbereichs zu Zwiegesprächen zusammen, über alle Meinungsblasen hinweg. Und wir gehen mit unseren Leserinnen und Lesern weiterhin abendessen, um Feedback zu sammeln (Anmeldung per E-Mail an chefredaktion@derStandard.at).

Wir laden Sie ein: Beteiligen Sie sich weiterhin am öffentlichen Diskurs, informieren Sie sich, ob nun am Handy, am Rechner, in der Zeitung oder im E-Paper, per Podcast oder per Newsletter. Und geben Sie Feedback, teilen Sie Ihre Gedanken mit – uns als Redaktion und der Öffentlichkeit. Das ist (neben einem Abonnement, natürlich) das wertvollste Geschenk, das Sie uns zum Geburtstag machen können. (Martin Kotynek, 2.2.2020)

Vor 25 Jahren, am 2. Februar 1995, ging DER STANDARD online – als erste deutschsprachige Tageszeitung.