Washington/Berlin/Wien – Die EU-Kommission stellt zehn Millionen Euro für zwei bis vier Projekte zur Erforschung des Ausbruchs des Coronavirus zur Verfügung. Das Geld stammt aus den Mitteln des EU-Forschungsprogramms "Horizon 2020, teilte die EU-Kommission mit und rief Mitgliedsstaaten und Forscher dringend zur Einreichung von Forschungsprojekten, die das "Verständnis der neuartigen Coronavirus-Epidemie erweitern", auf.

Mit dem zusätzlichen Geld soll eine "effizientere klinische Behandlung von mit dem Virus infizierten Patienten sowie eine Verbesserung der Vorsorge und Reaktivität der öffentlichen Gesundheitssysteme" angestoßen und unterstützt werden. Anträge können bis 12. Februar gestellt werden.

WHO rief Notstand aus

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat angesichts der sich ausbreitenden Infektionen eine internationale Notlage ausgerufen. China versicherte daraufhin einmal mehr, die Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit in den Griff bekommen zu können. "Wir sind absolut zuversichtlich und in der Lage, den Kampf gegen diese Epidemie zu gewinnen", betonte Hua Chunying, ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums in einer Mitteilung.

9.692 Menschen in China infiziert

Hoffnungen, den Anstieg der Neuinfektionen und Todesfälle eingebremst zu haben, erfüllten sich nicht. China verzeichnete am Freitag den bisher größten Anstieg innerhalb eines Tages. Die Zahl der nachgewiesenen Erkrankungen kletterte um 1.981 auf 9.809, berichtete der chinesische Botschafter in Wien. Die Zahl der Toten stieg laut der chinesischen Gesundheitsbehörde um 43 auf 213.

In Österreich noch kein Fall bestätigt

In Österreich gibt es bis dato noch keinen bestätigten Fall. Bei sieben Verdachtsfällen gab es nach den Tests Entwarnung, ein weiterer in Salzburg wird noch geprüft. Die Ausrufung des internationalen Gesundheitsnotstandes durch die WHO habe noch keine praktischen Auswirkungen, weil sich Österreich ohnehin an die WHO-Empfehlungen halte, teilte das Gesundheitsministerium auf Anfrage mit. "Sollten die Empfehlungen strenger werden, wird sich Österreich selbstverständlich daran halten", hieß es weiter. Die sieben Österreicher, die sich derzeit in der Provinz Hubei aufhalten, sollen am Wochenende in ihre Heimat zurückkehren, hieß es vom österreichischen Außenministerium.

Ein Kind in Bayern infiziert

Nicht weit entfernt, in Bayern, ist ein weiterer Mensch nachweislich mit dem neuartigen Virus infiziert. Es handelt sich um das Kind eines infizierten Mannes aus dem Landkreis Traunstein, teilte das bayerische Gesundheitsministerium am Freitag mit. Es ist der erste Fall in Deutschland, bei dem ein Familienmitglied eines bereits Infizierten angesteckt wurde und erkrankt ist. Insgesamt gibt es im Freistaat nun sechs bestätigte Fälle. Bis auf das Kind sind alle Mitarbeiter des oberbayerischen Autozulieferers Webasto. Dort war vergangene Woche eine infizierte Mitarbeiterin aus China zu Gast, die ihre Erkrankung erst auf dem Rückflug bemerkt hatte.

Zahlreiche Airlines stellten ihre Flüge nach China ein, Staaten holen ihre Bürger zurück.
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Russland bestätigt zwei Fälle

Russische Behörden haben am Freitagnachmittag zwei Fälle bestätigt, die in unterschiedlichen Regionen identifiziert wurden. Es handele sich um chinesische Staatsbürger – einer in Tyumen im Westen Sibiriens, der andere im Fernen Osten Russlands., sagte die Stellvertreterin des Premiers, Tatiana Golikova in einer Pressekonferenz. Die beiden seien unter Beobachtung und unter Quarantäne gestellt worden, ihr Gesundheitszustand sei stabil, ergänzte die Chefin der für Konsumentenschutz und -sicherheit zuständigen Behörde, Anna Popova.

Nach den Sperren von Grenzübergängen hat Moskau auch die Flugverbindungen ins Reich der Mitte drastisch reduziert. Außer Aeroflot dürfen ab Freitagabend keine Maschinen anderer Fluglinien nach China fliegen. Vier chinesische Airlines fliegen Moskau weiter an, teilte Golikova mit.

Italien ruft Notstand aus

Nachdem zwei Verdachtsfälle in Rom bestätigt worden sind, hat auch die italienische Regierung den Notstand ausgerufen. Damit sollen in den nächsten sechs Monaten in Kooperation mit dem Zivilschutz sofortige Maßnahmen zugunsten der Bevölkerung und der Gebiete garantiert werden, die vom Coronavirus betroffen sind. Das Kabinett kann dadurch in den nächsten sechs Monaten bei gefährlichen Situationen lokale Behörden für die öffentliche Gesundheit ersetzen. Fünf Millionen Euro stellt die Regierung in Rom für Vorbeugungsmaßnahmen bereit.

Zwei corona-positive Fälle meldete am Freitag auch Großbritannien, Schweden bestätigte einen Fall.

Reisewarnungen

Die USA und Japan raten dringend von Reisen nach China ab. Washington stufte China auf Stufe 4 hoch – gleich auf mit Afghanistan und Irak. Die Antwort aus Peking folgte prompt: Die "Worte und Handlungen gewisser US-Vertreter" zeugten nicht von Wohlwollen und entsprächen weder den Fakten noch seien sie "angemessen", erklärte Außenamtssprecher Hua Chunying am Freitagabend. Die WHO habe sich gegen Reisebeschränkungen ausgesprochen, aber die USA haben "überstürzt den gegenteiligen Weg eingeschlagen".

Singapur, die Hauptdrehscheibe für Reisen nach Fernost, lässt Passagiere, die kürzlich in China waren, nicht mehr einreisen. Visa für chinesische Staatsbürger wurden ausgesetzt.

Eine Ärztin in Wuhan bereitet sich darauf vor, in die Isolierstation zu gehen.
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Ein Flugzeug mit 83 britischen Bürgern und 27 Passagieren anderer Nationalität an Bord hat unterdessen nach Angaben der britischen Botschaft in China am Freitag kurz vor 03.00 Uhr (MEZ) Wuhan verlassen.

Auch China will Bürger zurückholen

Auch China will Bürger aus der Provinz Hubei, die sich derzeit im Ausland aufhalten, zurückholen, zwei Flugzeuge sollen bereits losgeschickt worden sein. Das Außenministerium in Peking kündigte am Freitag an, die Bürger sollten "so rasch wie möglich" mit Chartermaschinen zurück in die Provinz geflogen werden. Als Grund der Maßnahme nannte eine Sprecherin "praktische Schwierigkeiten", mit denen Bürger aus Hubei und besonders der dortigen Millionenmetropole Wuhan im Ausland konfrontiert seien. (APA, Reuters, red, 31.1.2020)