Wenn erst einmal erfunden, wirken die besten Ideen oft so wunderbar einfach. Jede Minute landet weltweit die Menge einer kompletten Ladung eines Müllabfuhrfahrzeugs in unseren Weltmeeren – acht Milliarden Kilogramm insgesamt pro Jahr. Das meiste gelangt dabei über die großen Flüsse in die Ozeane. Plastik und anderen Müll deshalb schon in den Flüssen abzufangen, diese Idee hatte man schon früher. Noch nie wurde sie aber so elegant gelöst wie vom niederländischen Start-up The Great Bubble Barrier.

The Great Bubble Barrier

Das Prinzip ist einfach. Auf die Gewässersohle eines Flusses oder eines Kanals wird diagonal über zig oder hunderte Meter Entfernung ein Schlauch gelegt, der Luft entweichen lässt. Die Luftbläschen steigen nach oben und bilden so eine Art Wand. Im Wasser treibender Müll wird durch die Strömung und die Luftbläschen an die Wasseroberfläche gespült und landet in einem Auffangbecken am Ufer des Flusses oder Kanals, wo er eingesammelt und korrekt recycelt beziehungsweise entsorgt werden kann.

Nutzen für Mensch, Tier und Umwelt

In mehrwöchigen Testversuchen wurden durchschnittlich rund 86 Prozent des Mülls von den Luftbläschen "abtransportiert", egal ob es an der Oberfläche regnete, stürmte oder hagelte. Vor allem kleinteiliger Müll, der nur einen Millimeter groß ist, und solcher, der sehr nahe an der Fluss- oder Kanalsohle treibt, kann so besser aufgefangen werden. Gemeinsam mit Trinkwasserfirmen und staatlichen Forschungseinrichtungen wird in Wervershoof, nördlich von Amsterdam, derzeit zudem getestet, ob die Anlage auch für Mikroplastik in der Größe von 0,02 bis 0,5 Millimetern eingesetzt werden kann. Ergebnisse werden Ende 2020 erwartet. Generell will man sich vorerst aber einmal auf Makroplastik konzentrieren, also die größeren Teile aus dem Wasser holen.

Die Luftbläschen transportieren den Müll ins Auffangbecken.
Foto: The Great Bubble Barrier

Die Luftbläschenwand hat weitere Vorteile. Im Gegensatz zu Auffangnetzen, Baggern oder ähnlichem ist sie für Fische problemlos zu passieren. Der zusätzliche Sauerstoff verringert das Wachstum schädlicher Algen. Zudem absorbieren die Luftbläschen Geräusche und Wellen aus dem Schiffsverkehr, was wiederum den Fischen zugutekommt.

Die technischen Herausforderungen sind wie auch die Kosten durchaus überschaubar, die geltenden Bestimmungen und Regulierungen meist leicht einzuhalten oder anpassbar. So gesehen könnte das Konzept schon bald in weiten Teilen der Welt Anklang finden und Flüsse und Kanäle von Plastikmüll befreien und so Mensch, Tier und Umwelt zugleich nützen.

In Amsterdam läuft das Projekt bereits.
Foto: The Great Bubble Barrier

Unternehmenssprecherin Sandy Reitsma gibt diesbezüglich zu bedenken, dass es natürlich immer auf die lokalen Begebenheiten ankomme, ob das Konzept etwa auch in den großen Flüssen Asiens einsetzbar wäre. Breite, Tiefe, Strömung – all dies sei zu bedenken und erforschen. Für 2020 ist jedenfalls bereits geplant, von den Niederlanden aus ins europäische Ausland zu expandieren, so Reitsma zum STANDARD. (Fabian Sommavilla, 4.2.2020)