In Wien stehen mehr als 1.700 Brücken, einige führen über die Donau.

Foto: Robert Newald

50 Brücken müssen in den kommenden zehn Jahren saniert werden, die Stadt nimmt dafür 200 Millionen Euro in die Hand.

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Wien – Wer an Wien denkt, mag an die Prunkbauten der Habsburger, den Stephansdom, Lipizzaner und das Riesenrad denken. An eine Brücke? Eher nicht. Dabei ist Wien in Europa nach Hamburg die Stadt mit den meisten Brücken. Mehr als 1.700 dieser Bauwerke gibt es in der Donaumetropole. Zum Vergleich: Venedig hat nur rund 400, ist aber für seine Brücken bekannt. Brücken seien in Wien "ein exotisches Thema", sagte Alexander Biach, Standortanwalt der Wiener Wirtschaftskammer, am Freitag bei einem Pressegespräch. Exotisch deshalb, "weil sich eigentlich nie jemand damit befasst".

Ganz so ist es nicht. Bei vielen Brücken stehen demnächst Bauarbeiten an. Im Rahmen des Brückenschutzprogramms der Stadt werden in den nächsten zehn Jahren um rund 200 Millionen Euro 50 dieser Bauwerke instand gesetzt. Der Großteil stammt aus der Nachkriegszeit. Den Brücken ist eine eigene Magistratsabteilung gewidmet. 826 der Bauwerke fallen in die Zuständigkeit der MA 29 – Wiener Brückenbau und Grundbau. Weitere Brückenbetreiber sind Asfinag, Wiener Linien und ÖBB.

"Man lässt Chancen aus"

Biach hat als Wiener Standortanwalt nicht nur die Begleitung von Projekten, die aufgrund ihrer Dimension einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bedürfen, über, sondern überprüft auch Investitionen, die die Stadt tätigt, auf ihre Wirtschaftlichkeit hin. Aus den Zahlen leitet er Empfehlungen ab. Für ihn ist klar, dass sich die Investitionen in Brücken volkswirtschaftlich lohnen. Aber: "Wien ist eine Stadt der Brücken. Das muss man vermarkten, hier lässt man Chancen aus."

Bald anstehende Instandsetzungsarbeiten betreffen zum Beispiel gleich mehrere Donaukanalbrücken in Schwedenplatznähe: Aspernbrücke, Schwedenbrücke, Marienbrücke, Salztorbrücke sowie etwas weiter stromaufwärts auch die Augartenbrücke. Da die Freizeitmeile Donaukanal ausgebaut wird, würde sich aus Biachs Sicht anbieten, dort für Brücken ein neues Beleuchtungskonzept zu erarbeiten, das aktuelle sei 20 Jahre alt. Wenn schon Instandsetzungsarbeiten anstünden, könne man ja auch die Beleuchtung neu angehen. Das könne große Effekte zu relativ geringen Kosten haben.

"Golden Gate Bridge für Wien"

Außerdem schwebt Biach ein Fotomotiv über der Donau vor. Hier böte sich aus Sicht des Standortanwalts zum Beispiel an, einen Architekturwettbewerb für die Nordbahnbrücke über die Donau auszuschreiben und diese zu einer "Golden Gate Bridge für Wien" zu machen. Die Nordbahnbrücke könne im Zuge eines Ausbaus der S-Bahn-Stammstrecke umgestaltet werden, meint Biach.

Aus dem Büro von Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne), in deren Ressort als Stadträrin auch der Brückenbau fällt, heißt es zu Biachs Vorschlägen, dass man sich diese gerne persönlich anhöre, so es nicht darum gehe, Brücken zu Werbeflächen zu machen.

Was Wien definitiv plant, sind Instandsetzungsarbeiten, die in erster Linie der Wahrung der Sicherheit dienen. Zusätzlich bringen die Investitionen in Brücken laut Biach positive volkswirtschaftliche Effekte. Jede eingesetzte Million generiert demnach eine zusätzliche Wertschöpfung von 1,3 Millionen Euro und schaffe im Schnitt zwölf Arbeitsplätze. Das mache beim Brückenschutzprogramm insgesamt 2.400 Arbeitsplätze, davon gut die Hälfte in Wien, und durch deren Entlohnung 92 Millionen Euro, die an Abgaben an die öffentliche Hand zurückfließen. Die Arbeitsplätze betreffen nicht nur die Bauarbeiten, sondern zum Beispiel auch Handel, Kfz-Reparatur, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen.

32,5 Millionen für 880 Meter

Das größte demnächst anstehende Projekt ist die Generalinstandhaltung der 880 Meter langen Heiligenstädter Hangbrücke zwischen Wien und Klosterneuburg, wo ab März/April 2020 die Bauarbeiten starten sollen. Der Verkehr soll weiter über die Brücke fahren, während diese Stück für Stück erneuert wird. Erste Sicherungsarbeiten stehen bereits kommende Woche an. Allein für diese Brücke sind laut Bericht des Standortanwalts 32,5 Millionen Euro Instandsetzungskosten veranschlagt, wovon rund die Hälfte durch Steuern und Abgaben an die öffentliche Hand zurückfließen. Allein in Wien schaffe die Baustelle 203 Arbeitsplätze sowie 180 weitere in anderen Bundesländern.

Ein weiteres großes, demnächst anstehendes Projekt in Wien wird die Instandsetzung der Brücke bei der Westausfahrt sein, die sich über mehrere Jahre ziehen wird. (Gudrun Springer, 31.1.2020)