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Der Senat des US-Kongresses wurde im Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump zu einer Art Gerichtssaal – auch wenn es Politiker sind, die hier am Ende entscheiden.

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Ob sie jemals das Ziel war, ist schwer zu sagen. Wirklich greifbar war sie in den vergangenen Wochen aber nur selten: die Absetzung Donald Trumps als Präsident der USA. Klar ist aber, dass viele darauf gehofft hatten, von dem Verfahren zu profitieren: die Demokraten von der Negativkampagne gegen den Präsidenten; die Republikaner und Trump von einem Mitleidseffekt; die Medien von hohen Quoten – und jene Senatorinnen und Senatoren, die sich im Herbst um die US-Präsidentschaft bewerben wollen, von der Chance, sich zu profilieren.

Wirklich funktioniert hat das aber nicht für alle. Eine Übersicht nach zwei spannenden Wochen:

  • Die Anklage Für die Demokraten war es, angesichts der relativ niedrigen Erwartungen, eine gute Woche: Geheimdienstausschusschef Adam Schiff gab sich in seiner Rolle als einer der Impeachment-Manager rhetorisch gewandt der Anklage gegen den Präsidenten hin, auch sein Kollege Jerrold Nadler erfüllte – wenn auch mit Abstrichen – seine Aufgabe gut. Dennoch: Die Trump-Gegner hätten nur wenige Chancen gehabt, ihren Wunsch nach einer Zeugenbefragung im Senat wieder ernsthaft aufs Tapet zu bringen – wenn ihnen nicht die Veröffentlichung einiger wichtiger Passagen aus dem geplanten Buch von Ex-Sicherheitsberater John Bolton neuen Auftrieb gegeben hätte. Sie laufen einer grundlegenden Argumentationslinie des Trump’schen Verteidigungsteams entgegen.
  • Die Verteidigung Eigentlich hatten sich die Fürsprecher des Präsidenten in ihrer Argumentation darauf eingestellt, ein altbekanntes Motiv wiederzubeleben: "No quid pro quo" – will heißen, Trump habe in seinen Verhandlungen mit der Ukraine nicht, wie von der Anklage behauptet, die Wiederaufnahme der US-Militärhilfe von Ermittlungen gegen seinen wahrscheinlichen Präsidentschaftskonkurrenten Joe Biden oder dessen Sohn Hunter abhängig gemacht. Dem stehen die Vorveröffentlichungen aus Boltons Buch aber entgegen: Er sagt, ein solches Junktim habe es sehr wohl gegeben.Jay Sekulow, Rechtsberater des Präsidenten, und Alan Dershowitz, ein einst den Demokraten nahestehender Jus-Professor, mussten daher in ihrer Verteidigung zu eher bizarren Argumenten greifen.
    Man könne den Präsidenten nicht "auf Basis einer Aussage, deren Quelle unbekannt ist", verurteilen, sagte etwa Sekulow, der damit Bolton diskreditieren wollte – aber eigentlich ein gutes Argument dafür lieferte, den ehemaligen Sicherheitsberater als Zeugen vorzuladen. Dershowitz sagte später, es sei rechtlich egal, ob es ein Quidproquo gegeben habe oder nicht: Trump habe in jedem Fall "im öffentlichen Interesse gehandelt", weil er geglaubt habe, seine Wiederwahl – und damit die Diskreditierung Bidens – würde dem amerikanischen Volk dienen.
    Damit, freilich, ließe sich sämtliches Fehlverhalten von Präsidenten rechtfertigten, solange sie selbst der Meinung sind, alles, was in ihrem Vorteil ist, diene auch dem Wohl der Öffentlichkeit. Im Weißen Haus jedenfalls ist man nervös: Das zeigte auch eine wenig souveräne Antwort von Außenminister Mike Pompeoan Michele Kelemen vom Radiosender NPR, die ihn nach der Ukraine-Affäre gefragt hatte. Später ließ er ihr die Akkreditierung für eine Europareise entziehen – was Sorgen um die Pressefreiheit auslöste.
  • Die Medien Überhaupt, die US-Medienlandschaft hätte sich vom Impeachment-Verfahren vielleicht mehr erwartet. Rund elf Millionen Zuseherinnen und Zuseher haben das Verfahren am stärksten Tag der vergangenen knapp zwei Wochen – dem ersten Verhandlungstag am 21. Jänner – verfolgt. Seither sind die Quoten gesunken. Lediglich am Montag, als Trumps Anwälte erstmals zur Verteidigung ausrückten, gingen sie nach oben. Auffällig: Das Trump-freundlichen Fox News konnten sich an den meisten Tagen die meisten Zuseherinnen und Zuseher sichern – in der Regel rund ein Viertel des gesamten TV-Publikums.
  • Die Zahlen Große Änderungen in der öffentlichen Meinung hat der Prozess bisher nicht bewirkt. Rund 48 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner sind für eine Absetzung des Präsidenten – ein Wert, der in den vergangenen Wochen stabil geblieben ist. Etwas mehr als 50 Prozent unterstützen die Einleitung des Impeachment-Prozesses. Auch das ist unverändert.
    Kleine Nachteile könnte das Verfahren aber für Bernie Sanders und Elizabeth Warren haben, die – anders als ihr demokratischer Primary-Konkurrent Joe Biden – als Senatoren dem Verfahren beiwohnen können und daher nicht für Wahlwerbung in Iowa zur Verfügung stehen. Die Umfragechancen Bidens bei den Wahlversammlungen am 3. Februar haben sich zuletzt verbessert. (Manuel Escher, 31.1.2020)