Die Lage bei Magna in der Steiermark ist angespannt, seit einer Meldung vergangenes Jahr, dass 1.800 Stellen gestrichen werden sollen.

Foto: Harald Schneider

Im Spätherbst vergangenen Jahres, kurz vor den steirischen Landtagswahlen, poppte eine Meldung auf, wonach der Autozulieferer Magna plane, 1.800 Arbeitsplätze abzubauen. Von der Konzernspitze kam umgehend ein forsches Dementi, aber seither brodelt es in der Branche. In politischen Büros wird eine baldige Hiobsbotschaft befürchtet. Noch hofft man in Magna-Kreisen, dass eine Kündigungswelle durch einen neuen Auftrag – Mercedes wird kolportiert – noch abgefangen werden könne.

Im steirischen Autocluster AC Styria ist man jedenfalls hellwach, die turbulente Entwicklung im Autobau- und Zuliefersektor wird genau beobachtet: "Es ist natürlich evident, dass momentan niemand genau weiß, wo die Reise im Automobilsektor wirklich hingehen wird", sagt AC-Styria-Kommunikationschef Jakob Reichsöllner.

300 Firmen und 70.000 Mitarbeiter

Im steirischen Mobilitätscluster AC-Styria sind rund 300 Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Aerospace und Rail-Systems vernetzt. Er repräsentiert über 70.000 Mitarbeiter und generiert einen Gesamtumsatz von mehr als 17 Milliarden Euro.

Der Fokus liegt momentan natürlich auf dem Herzstück, dem Zulieferkonzern Magna. Immerhin sind dort 16.000 Mitarbeiter – davon 11.000 in Graz – mit der Fertigung von Modellen aus den Häusern Jaguar, Mercedes-Benz, BMW oder Toyota beschäftigt.

Aber nicht nur bei Magna, sondern im gesamten Automotivsektor wird nervös in Richtung des Hauptkunden, der deutschen Automobilindustrie, geblickt. Von dort kam ja kürzlich ein deutlicher Warnschuss. Vor seinen Führungskräften hat VW-Chef Herbert Diess ungewöhnlich deutliche Worte für den Zustand der Branche gefunden.

"Der Sturm geht erst los"

Er warnte davor, der deutsche Automobilkomplex könnte das Schicksal des einstigen Handygiganten Nokia, der den Umbruch in Smartphonezeiten verschlafen hatte, erleben. "Der Sturm geht jetzt erst los. Die Zeit klassischer Automobilhersteller ist vorbei", sagte Diess und ergänzte mit erhobenen Zeigefinger, "wenn wir in unserem jetzigen Tempo weitermachen, wird es sogar sehr eng."

Die Mobilitätszukunft liegt jenseits der Verbrennungsmotoren und genau darauf muss sich auch der steirische Autocluster mit seinen Zulieferunternehmen einstellen. In der steirischen Autobranche hofft man, den Wechsel zu neuen Autogenerationen – mit E- oder Hybridantrieb – hinzubringen "Wir können festhalten, dass es noch keinen Abgesang in der Branche gibt. Im Gegenteil, etliche Unternehmen rechnen sich reelle neue Chancen aus. Wir nehmen auch das Kapitel Wasserstoff sehr ernst. Auch in diese Richtung wird im Cluster seit einiger Zeit vorgebaut", sagt AC-Styria-Chefin Christa Zengerer im Gespräch mit dem STANDARD.

Bitter für Traditionalisten

Bitter kann es freilich in nächster Zukunft dennoch für einen Teil der Zulieferer werden, für jene, die ausschließlich in den traditionellen Produktlinien stecken. Dort sind in den letzten Monaten in einigen Betrieben schon etliche Stellen abgebaut worden, die Umsätze stagnieren oder sind gesunken.

"Wir wissen ja schon seit gut zehn Jahren, dass wir mitten in einem epochalen Wandel stehen. Unsere Betriebe haben sich zum Teil schon wirklich gut vorbereitet. Viele stellen sich schon um", sagt Clustersprecher Jakob Reichsöllner.

Zudem werden etliche neue Zulieferer entstehen. Ein Beispiel: Batteriehalterungen. Hier werden eigene Fertigungen benötigt. Einigermaßen entspannend für den steirischen Cluster ist der Umstand, dass der Verbrennungsmotor an sich keine Kernkompetenz des Netzwerks darstellt, sondern eher die Oberflächen der Fahrzeuge, die Gesamtmontage oder das Engineering.

Neue Berufsfelder

Wasserstoff, E-Mobilität oder Hybrid: Neben all den Unwägbarkeiten dräut natürlich ein weiteres Riesenthema: die Arbeitskräfte. Es werden in Zukunft eine Reihe neuer Berufsfelder entstehen und wesentlich weniger Maschinenbau- und Automobilingenieure benötigt werden, dafür eine Menge an Elektroingenieuren und IT-Experten. Autokonzerne werden digitale Tech-Plattformen. Auch darauf müssen sich die steirischen Zulieferer einstellen.

Einige Clusterbetriebe haben mit eigenen Ausbildungsprogrammen begonnen, aber natürlich werde "ein Wettbewerb um die besten Köpfe" einsetzen. "Aber es ist nicht allein ein qualitatives Problem, sondern ein quantitatives", sagt Reichsöllner. (Walter Müller, 1.2.2020)