Washington – Es kam, wie es zu erwarten war: Mit der denkbar knappen Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen hat der US-Senat in Washington den Antrag der Demokraten abgelehnt, Zeugenaussagen und neue Beweise im Impeachment-Prozess gegen US-Präsident Donald Trump zuzulassen. Die Republikaner, die eigentlich über 53 Stimmen im 100-sitzigen Senat verfügen, stimmten allerdings nicht geschlossen gegen den Antrag: Mitt Romney (Utah) und Susan Collins (Maine) schlossen sich den Demokraten an und befürworteten ebenfalls Zeugenaussagen und die Vorlage weiterer Dokumente.

Chuck Schumer, Fraktionschef der Demokraten, sagte, das Urteil des Senats werde nun "keinen Wert haben". Es handle sich bei der Entscheidung gegen Zeugen "um eine Tragödie". Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, warf den Republikanern vor, sich zu "Komplizen bei einem präsidialen Vertuschungsmanöver" gemacht zu haben.

Das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump dürfte am Mittwoch zu Ende gehen.
Foto: Nicholas Kamm / AFP

Das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wird somit am Mittwoch zu Ende gehen. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, kündigte an, dass der Impeachment-Prozess "in den nächsten Tagen" beendet werden solle. Konkret brachte er eine Resolution ein, die das Votum am Mittwoch um 16 Uhr Ortszeit (22 Uhr MEZ) ansetzt.

"Die Senatoren werden sich nun untereinander, mit den House Managers und mit dem Anwalt des Präsidenten beraten, um die nächsten Schritte zu bestimmen, während wir uns auf den Abschluss des Prozesses in den kommenden Tagen vorbereiten", sagte er in einer Erklärung.

Machtmissbrauch und Behinderung von Ermittlungen

Die Demokraten hatten versucht, neue Aussagen von Zeugen aus dem nahen Umfeld Trumps zuzulassen – unter anderem von dessen geschasstem nationalen Sicherheitsberater John Bolton. Sie hatten sich davon weitere, für den Präsidenten belastende, Informationen erhofft.

Das US-Repräsentantenhaus hatte Trump vor rund einem Monat mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt: Der Präsident soll seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentenwahl 2020 zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen.

Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen die Freigabe von Militärhilfe für Kiew und ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus abhängig gemacht habe ("quid pro quo"). Als das dann im September bekannt wurde, habe Trump alles darangesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. Trump weist die Vorwürfe zurück.

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Das an eine Gerichtsverhandlung angelehnte "offizielle" Impeachment-Verfahren hatte Mitte Jänner im Senat begonnen. Zunächst hatten die Ankläger aus dem Repräsentantenhaus sowie Trumps Verteidiger über mehrere Tage Zeit gehabt, ihre Argumentationen vor der Kammer zu präsentieren. Danach hatten die Senatoren ebenfalls über mehrere Tage Zeit, beiden Seiten Fragen zu stellen. Es folgte eine Debatte darüber, ob Zeugen vorgeladen und neue Dokumente angefordert werden sollten.

Die Demokraten hatten dies über Wochen vehement gefordert, sogar noch vor Beginn des Amtsenthebungsverfahrens. Zwischenzeitlich hatten neue brisante Enthüllungen von Bolton für Bewegung in der Frage gesorgt und mehrere Republikaner zum Nachdenken gebracht: Die "New York Times" hatte unter Berufung auf ein Buchmanuskript Boltons berichtet, Trump solle diesem im August persönlich gesagt haben, er wolle Militärhilfe für die Ukraine so lange zurückhalten, bis Kiew Ermittlungen gegen seinen Rivalen Biden einleite. Das widerspricht einem Kernpunkt von Trumps Verteidigung, es habe kein Junktim gegeben. Mehrere republikanische Senatoren hatten angesichts dessen signalisiert, eine mögliche Zustimmung zur Zeugenvorladung zu überdenken. Am Ende kam dennoch keine Mehrheit zustande.

Damit dürfte das Verfahren bald enden – und zwar mit einem Freispruch für den Präsidenten. Für eine Verurteilung – und somit für eine Amtsenthebung – müssten 67 Senatorinnen und Senatoren für mindestens einen Anklagepunkt stimmen. Das würde bedeuten, dass mindestens 20 Republikaner ihre Meinung und die Seite wechseln müssten – realistisch ist das nicht. (gian, mesc, red, 1.2.2020)