Schlammvulkane werden aus tief unter der Erdoberfläche vorhandenen Flüssigkeiten gespeist. Die Kontamination durch gefährliche Bakterien dürfte allerdings über die Oberfläche erfolgt sein.

Foto: TU Berlin/ZAA/Dirk Schulze-Makuch

Lebewesen können unter erstaunlich lebensfeindlichen Bedingungen gedeihen. Bakterien und Archaeen wurden bereits in mehr als hundert Grad Celsius heißem Wasser gefunden, sie vermehren sich ebenso in Schwefelsäureseen wie in hochradioaktiven nuklearen Abfällen, sie haben die Antarktis besiedelt und existieren in mehreren Kilometern Tiefe unter der Erdoberfläche. Sogar im Vakuum des Weltraums können Mikroorganismen lange Zeit überleben. Kein Wunder also, dass Astrobiologen sich für diese extremophilen Bakterien besonders interessieren.

Ein Team um Dirk Schulze-Makuch von der Technischen Universität Berlin hat deshalb die außerordentlich extremen Umgebungen einiger Schlammvulkane auf der karibischen Insel Trinidad chemisch-mikrobiell genauer untersucht. Dabei stießen die Wissenschafter auf eine Überraschung: Die Forscher fanden mehrere gefährliche krankheitserregende Bakterienstämme. Unter anderem identifizieren sie solche, die als multiresistente Krankenhauskeime bekannt sind. Woher die Bakterien stammen, ist nicht ganz klar. Die Wissenschafter gehen allerdings davon aus, sie sehr wahrscheinlich nicht aus den Tiefen des Schlammvulkans stammen, sondern durch Oberflächen- und Regenwasser dort eingeschleppt werden.

Salziges Wasser aus der Tiefe

Schlammvulkane sind einzigartige geologische Strukturen, die durch tektonischen Druck entstehen. Sie werden aus tief unter der Erdoberfläche vorhandenen Flüssigkeiten gespeist und sind hauptsächlich in Zonen zu finden, in denen die Erdkruste tektonisch sehr aktiv ist. Eine solche Zone befindet sich zum Beispiel rund um die Los Bajos-Verwerfung auf der Insel Trinidad, der größten Insel der Kleinen Antillen in der Karibik. Dort nahm die Forschungsgruppe feste und flüssige Analyseproben von dreien dieser Schlammvulkane, um eine chemische und mikrobiologische Charakterisierung vorzunehmen und herauszufinden, ob die Zusammensetzung des Schlamms nördlich und südlich der Verwerfungslinie variiert.

"Unsere Studie bestätigte zunächst Annahmen, wonach zumindest einige der Schlammvulkanflüssigkeiten eine Mischung aus tieferem salzreichem Wasser und Oberflächen- beziehungsweise Niederschlagswasser sind", erklärt Dirk Schulze-Makuch vom TU-Zentrum für Astronomie und Astrophysik, der sich mit seiner Arbeitsgruppe bereits seit mehreren Jahren mit der Bewohnbarkeit potenzieller Lebensräume in lebensfeindlichen Umgebungen beschäftigt, zum Beispiel auf dem Mars.

Krankmachende Keime

"In unseren mikrobiologischen Analysen konnten wir verschiedene aerobe und anaerobe Besiedelungen analysieren, also Bakterien, die mit und ohne umgebenden Sauerstoff leben können. Einige davon können Sulfat reduzieren, andere Methan produzieren, betreiben also einen derartigen Stoffwechsel, wieder andere binden Kohlendioxid oder Nitrate, aus denen sie Energie gewinnen", so Schulze-Makuch. "Mehrere identifizierte Arten waren halophil, also salzliebend, und stammten wahrscheinlich aus dem tieferen salzreichen Untergrundwasser." Doch was die Forscher dann verblüffe, war der Fund von verschiedenen hochpathogenen, krankheitserregenden Bakterienarten. "Diese Bakterienarten besiedeln typischerweise den Verdauungstrakt von Menschen und Säugetieren, und manche sind sogar die Ursache von Harnwegsinfekten", sagt Schulze-Makuch.

Unter den pathogenen Bakterien wurden auch solche aus der Familie der Enterobacteriaceaea gefunden, die insbesondere als pflanzenschädigend bekannt sind. Außerdem wurden Enterobacter cloacae identifiziert, die in den letzten Jahren vor allem in Krankenhäusern, unter anderem in Säuglingsstationen gefunden wurden. Diese wurden besonders als multiresistente Keime bekannt und sind für mehrere Infektions-Epidemien verantwortlich. Ein weiterer gefundener Krankheitserreger ist die Klebsiella variicola. Diese Bakterie wird mit Pflanzenkrankheiten in Zusammenhang gebracht, die auf Bananen- und Zuckerrohr-Plantagen aufgetreten sind. Außerdem wurde sie in Kühen isoliert, die unter Euter-Entzündungen oder Blutvergiftungen litten.

Gefahr für Menschen, Tiere und Pflanzen

Insgesamt sei es unwahrscheinlich, dass das infizierte Wasser aus den Tiefen stammt, die die Schlammvulkane speisen, schreiben die Forscher im Fachjournal "Science of the Total Environment". Es sei höchstwahrscheinlich von der Oberfläche eingeschwemmt worden. Da in Trinidad das Wasser in den Schlammvulkanen vor allem aus tief unter der Erdoberfläche liegenden Seewasser-Reservoiren stammt, gemischt mit Wasser aus oberflächennahen Aquiferen, wird vermutet, dass das Oberflächenwasser in mindestens einem Fall aus einem nahen Fluss stammt, der gelegentlich die Region überflutet. Gegenproben von anderen Regionen, wo Schlammvulkane vorkommen, seien negativ gewesen.

"Unsere biochemischen und mikrobiellen Ergebnisse lassen nicht zwingend den Schluss zu, dass es sich um eine anthropogene, also menschengemachte Kontamination handelt. Dies ist aber zumindest für einige Standorte sehr wahrscheinlich", so Schulze-Makuch, und die Forscher empfehlen: "Auf jeden Fall stellt die beobachtete pathogene Belastung der Vulkanschlammproben ein gewichtiges Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier dar, insbesondere, wenn das kontaminierte Wasser aus den Überflutungen stammt. Dies sollte weiter untersucht werden." (red, 2.2.2020)