Die Post-Brexit-Verhandlungen sind eingeläutet.

Foto: No. 10 Downing Street / Andrew Parsons

London – Nach dem Brexit wollen Großbritannien und die EU am Montag ihre jeweiligen Verhandlungslinien für die künftigen Beziehungen umreißen. Ziel ist ein Handels- und Partnerschaftsabkommen bis zum Jahresende, erwartet wird eine schwierige Kompromisssuche, wenn die Verhandlungen in etwa vier Wochen beginnen. Beide Seiten verschärfen im Vorfeld bereits den Ton.

Drei Tage nach dem Brexit soll klarer werden, wie sich Großbritannien und die EU die künftige Zusammenarbeit vorstellen. Peter Fritz (ORF) berichtet aus Brüssel.
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Großbritannien hatte die Europäische Union in der Nacht auf Samstag nach 47 Jahren verlassen. Praktisch hat sich aber noch fast nichts geändert, weil innerhalb einer Übergangsfrist alle EU-Regeln im Vereinigten Königreich weiter gelten. Erst am 31. Dezember ist es damit vorbei.

Großbritannien will sich nicht an EU halten

Premierminister Boris Johnson will am Vormittag in einer Rede vor Geschäftsleuten und Diplomaten erklären, wie es danach aus britischer Sicht weitergehen soll. Im Voraus wurden Auszüge der Rede verbreitet. Diesen zufolge will sich Johnson auf keinen Fall vertraglich auf die Einhaltung von EU-Standards bei Umweltschutz, Arbeitnehmerrechten und staatlichen Wirtschaftshilfen festlegen lassen.

Es gebe für Großbritannien genauso wenig Grund dazu, wegen eines Freihandelsabkommens die Regeln der EU in Kauf zu nehmen, wie andersherum, so Johnson. "Großbritannien wird die höchsten Standards in diesen Bereichen beibehalten, besser in vielerlei Hinsicht als die der EU – ohne den Zwang eines Vertrags, und es ist elementar, das jetzt zu betonen."

Laut "Sunday Telegraph" soll Johnson der EU intern vorwerfen, die Bedingungen für ein umfassendes Handelsabkommen verschärft zu haben. Sollte ein Handelsabkommen nach dem Vorbild Kanadas nicht möglich sein, würde er auch losere Beziehungen zur EU wie etwa Australien in Kauf nehmen, so der Premier. Im Großen und Ganzen findet der Handel zwischen Europa und Australien auf Grundlage der Welthandelsorganisation WTO statt. Für die Wirtschaftsbeziehung zwischen der EU und Großbritannien käme diese Variante wohl dem gefürchteten No-Deal-Szenario gleich.

EU will gleiche Wettbewerbsbedingungen

In Brüssel äußert sich EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Montag seinerseits in einer Pressekonferenz. Die EU beteuert zwar, sie wolle engstmögliche Beziehungen mit dem traditionellen Partner und Nachbarn. Sie pocht aber auf gleiche Wettbewerbsbedingungen (Level Playing Field). Die Formel lautet: "Keine Zölle, keine Kontingente, kein Dumping."

Neben dem Handel geht es unter anderem um Fischereirechte, Sicherheitsfragen und den Zugriff auf Datenbanken. Die Frist bis Jahresende gilt eigentlich als viel zu kurz, doch eine Verlängerungsoption um bis zu zwei Jahre, die noch bis Ende Juli offensteht, lehnt Johnson vehement ab.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat klargestellt, dass sie alle strittigen Fragen im Paket klären will und es kein "Rosinenpicken" geben soll. Bevor die Verhandlungen starten können, müssen die 27 bleibenden EU-Staaten die gemeinsame Linie billigen. Termin dafür ist der 25. Februar. (APA, red, 3.2.2020)