In einem zum Spital umgebauten Gebäude in der Stadt Wuhan, dem Zentrum des Virus-Ausbruchs, wurden Betten aufgestellt.

Foto: EPA

Peking – Womöglich ist es auch erneut zu einer Ansteckung außerhalb Chinas gekommen. Wie die südkoreanischen Behörden am Dienstag mitteilten, erkrankte eine Frau an dem Coronavirus, nachdem sie von einem Besuch in Thailand zurückgekehrt war. Auch das singapurische Gesundheitsministerium meldete am Dienstagvormittag eine erste lokale Infektion. Dennoch gebe es kein Anzeichen einer flächendeckenden Ausbreitung des Virus, so das Ministerium.

Wie sich die südkoreanische Touristin in Thailand ansteckte, ist bisher nicht klar. Der südostasiatische Staat hatte mittlerweile 25 Infektionen gemeldet. Sollte sich der Verdacht einer Ansteckung außerhalb Chinas bestätigen, wäre das eine besorgniserregende Entwicklung, die eine Eindämmung des Virus deutlich erschweren könnte. Bisher wird allerdings auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die Frau im Zuge ihrer Reise auch in China gewesen sein könnte.

In Hongkong ist unterdessen laut dem lokalen Nachrichtensender TVB erstmals eine Person an den Folgen des Coronavirus gestorben. Bei dem 39-jährigen Mann hätte vor der Ansteckung mit dem Virus bereits eine Grunderkrankung vorgelegen, erklärten die örtlichen Behörden am Dienstag. Der Mann ist der zweite Tote außerhalb Chinas, der an dem Erreger gestorben ist. In der Sonderverwaltungszone trat am Dienstag außerdem das Pflegepersonal in den Krankenhäusern in Streik: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen erst wieder arbeiten, wenn alle noch offenen Grenzübergänge in die Volksrepublik geschlossen werden. Die chinafreundliche Regierungschefin Carrie Lam lehnt dies aber bisher ab.

Infektionen in China angestiegen

Die Zahl der bestätigten Infektionen und Todesfälle durch das Coronavirus ist in China am Dienstag erneut sprunghaft angestiegen. Wie die chinesische Gesundheitsbehörde mitteilte, gab es bis Dienstag 20.438 bestätigte Erkrankungen – 3.225 neue Fälle im Vergleich zum Vortrag. Die Zahl der Todesopfer stieg demnach um 64 auf 426.

Erstmals gaben die chinesischen Behörden eine Sterblichkeitsrate bekannt: Im Schnitt liegt diese bei 2,1 Prozent. Das bedeutet, dass jeder 50. nachweislich Erkrankte an dem Virus stirbt. In Wuhan liegt die Rate allerdings bei 4,9 Prozent, in der Provinz Hubei bei 3,1 Prozent.

Es ist der bisher stärkste Anstieg der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus und der Todesfälle innerhalb eines Tages. Alle neuen Todesfälle wurden in der zentralchinesischen Provinz Hubei verzeichnet. Hubei ist das Zentrum der Epidemie, von der dortigen Millionenmetropole Wuhan hatte das Virus seinen Ausgang genommen. Die chinesischen Behörden riegelten die Provinz und auch drei weitere Großstädte außerhalb von Hubei weitgehend von der Außenwelt ab.

Bewegungsfreiheit weiter eingeschränkt

Rund zwölf Millionen Menschen sind von neuen Maßnahmen außerhalb von Hubei betroffen. Sie umfassen nach Behördenangaben die gesamte Stadt Taizhou sowie Teile von Hangzhou und mehrere Bezirke von Ningbo.

Taizhou ist 150 Kilometer von der Wirtschaftsmetropole Schanghai und 850 Kilometer vom Zentrum der Coronavirus-Epidemie in der Provinz Hubei entfernt. In der Stadt darf vorerst nur noch ein Bewohner pro Haushalt jeden zweiten Tag für Einkäufe das Haus verlassen. Die gleiche Regelung gilt für die betroffenen Viertel von Hangzhou und Ningbo. Die Behörden in Taizhou setzten zudem ab Dienstag 95 Zugverbindungen aus.

Das Coronavirus erklärt.
DER STANDARD

Entwarnung in Österreich

Weltweit sind rund 180 Fälle in etwa zwei Dutzend Ländern bestätigt. In Österreich gibt es bisher keine bestätigten Fälle: Alle sieben Österreicher, die am Sonntag aus der chinesischen Provinz Hubei zurück nach Österreich gekommen sind, wurden negativ auf das Coronavirus getestet, bleiben aber noch 14 Tage in Quarantäne.

Allerdings gab es am Dienstagnachmittag einen weiteren Verdachtsfall in Salzburg. Eine 31-jährige Salzburgerin ist am frühen Dienstagnachmittag in das Uniklinikum Salzburg gebracht worden, sie soll über Taiwan nach Neuseeland gereist sein. Es bleiben allerdings wirtschaftliche Folgen: Mehrere Airlines fliegen China derzeit nicht mehr an, die Austrian Airlines setzt ihre China-Flüge zumindest bis zum 28. Februar aus.

Viele Werke geschlossen

Zahlreiche Firmen halten ihre Fabriken in China nach wie vor geschlossen. BMW und Volkswagen verlängerten die zum Neujahr üblichen Werksferien bereits auf diese Woche. Hyundai kündigte an, seine Produktion in Südkorea zu unterbrechen. Wichtige Teile aus China würden nicht geliefert werden.

Auch dem Handel macht das Virus zu schaffen. Die Kunden bleiben aus Furcht vor Ansteckung daheim, die Straßen sind wie leergefegt, und viele Läden machen vorübergehend zu. So schloss die schwedische Modekette H&M etwa 45 Filialen in China. Die Aktienmärkte in Asien brachen am Montag, dem ersten Handelstag nach dem asiatischen Neujahrsfest, massiv ein – am Dienstagmorgen erholten sie sich vielerorts aber wieder leicht.

Rekord bei Neuerkrankungen durch Coronavirus.
ORF

Die chinesische Führung räumte am Montag in einem ungewöhnlichen Schritt erstmals Fehler im Umgang mit der Gesundheitskrise ein. In China gibt es nach Angaben der Regierung inzwischen einen zunehmenden Mangel an Atemschutzmasken sowie Schutzbrillen und -anzügen.

Taiwan kritisiert China

Neuen Ärger gibt es auch in Taiwan. Das Außenministerium der Insel, die von China als abtrünnige Provinz erachtet wird, übte in der Nacht heftige Kritik an Peking. Die Entscheidung der dortigen Führung, Taiwans Zugang zu Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO zu beschränken, sei "abscheulich". Peking selbst behauptet, Taiwan alle relevanten Informationen mitgeteilt zu haben.

Am Dienstag verschärften weitere Länder ihre Maßnahmen wegen des Virus: Großbritannien rief seine Bürger auf, wenn möglich China zu verlassen. Italien führt Thermoscanner auf Flughäfen ein um Personen mit Symptomen des Coronavirus zu identifizieren. (APA, Reuters, mesc, 4.2.2020)