Michael Krauss hat schon viel erlebt im Konzern. Letzter Verbrennungsmotor, der auf seine Kappe geht, ist der Reihensechszylinder-Sauger. Danach wurde es eh bald einmal elektrisch, ein bisserl jedenfalls: Aus dem Hybrid-Gemeinschaftsprojekt mit DaimlerChrysler und GM ging bei BMW 2008 der Active Hybrid X6 hervor – mit sagenhaften 2,5 Kilometern elektrischer Reichweite. Und jetzt, jüngster Spross, mit dessen Antriebsstrang Entwicklungs-Haudegen Krauss zu tun hat, der Mini Cooper SE. Fährt nur elektrisch, und das 235 bis 270 km weit.

Das Technikpaket sei aber nicht einfach nur 1:1 vom BMW i3 übernommen, erläutert Krauss bei der Fahrpräsentation in Miami. Schon die Art, wie die Kraft auf die Straße gelange, sei diametral entgegengesetzt. Hinten beim Weißblauen, vorn beim Ochsenfurter (inselsächsisch: Oxford).

Der Mini Cooper SE unterscheidet sich auf den ersten Blick von den anderen 3-Türern durch die grellen gelben Akzente. Wer die nicht will: abbestellen.
Foto: Mini

Nutzraum knapp, aber wie gewohnt

Außerdem mussten die Akkus ganz anders verstaut werden, sie sitzen im Mini T-förmig im Fahrzeugboden zwischen den vorderen und unterhalb der hinteren Sitzplätze. Dabei konnte nicht die ganze Kapazität der großen i3-Batterie genutzt werden, 32,6 kWh sind es immerhin, und die Karosserie musste um 18 Millimeter angehoben werden. Das Kofferraumvolumen des Dreitürers konnte übrigens beibehalten werden (211 bis 731 Liter), Nutzraum ist also knapp, aber da wie gewohnt.

Michael Krauss, Experte des Elektro-Mini-Antriebsstrangs.
Foto: Mini

32,6 kWh? Das klingt gegenüber Renault Zoe (52 kWh; Reichweite: 383 km), Peugeot e-208 und Opel Corsa-e (50 kWh; Reichweite: 340 bzw. 330 km) nicht übermäßig berühmt, reicht aber allemal für jene Einsatzzwecke, für die der E-Mini konzipiert wurde. Und ganz ehrlich, getreu der Erkenntnis von Albert Einstein werden Raum und Zeit bei der E-Mobilität ohnehin relativ wie nie zuvor: Einerseits ziehen sich die Kilometer zusammen, speziell tiefwinters und hochsommers, durch Heizung und Kühlung, trotz Wärmepumpe, andererseits dehnt sich die Zeit, nämlich die beim Laden.

Schwerer, aber flinker

Da dies indes sattsam bekannt ist, schildern wir besser die ersten Fahreindrücke. Obwohl der SE 145 kg schwerer ist als der einigermaßen vergleichbare Cooper S mit Automatikgetriebe (1295 kg), wuselt er dank tiefen Schwerpunkts rotzfrech um die Ecken. Der aus dem i3 bekannte 135-kW-Elektromotor kommt bestens mit dem Stromer zurecht. Theoretisch sind wir in 7,3 Sekunden von null auf 100, 150 km/h als vmax erlaubt auch gewohntes Autobahntempo; davor werden sich gewiefte E-Mobilisten und -innen aber hüten wie die Teufelin vor dem Weihwasser.

Preislich ist man bei Mini ohnehin Kummer gewohnt, da schrecken einen die 32.950 Euro nicht wirklich.
Foto: Mini

Hauptvorteil gegenüber dem i3 ist der Umstand, dass die Rekuperation nun zweistufig ausgelegt ist. Einmal, wie gewohnt, mit dem ganz großen Widerstand. Wenn einen dieser Einpedalbetrieb aber nervt, kann man mittels Wippschalter unten links neben dem Start-Taster umstellen auf eine deutlich moderatere Einstellung.

Gerne wählten wir hauptsächlich diese, fragten uns aber, warum – wie bei anderen Herstellern – nicht auch gleich ein Segelmodus hinzukam (laut Mini verwirrt das die Nutzer). Auch ist das Umschalten unten in der Mittelkonsole nicht extra bedienfreundlich, Wippen am Lenkrad oder zumindest eine Tippfunktion im Schalthebel wäre(n) zweckdienlicher. So ist die Welt: Da bringt Mini eine echte Verbesserung, schon wird deren Umsetzung benörgelt.

Foto: Der Standard

Geschmackssache

Während man dann gemütlich hochfährt von Miami, bei optimalen E-Auto-Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad, weg von der witzigen Garage vis-à-vis vom Institute of Contemporary Art und deren vorbildlich ausgebauter Ladeinfrastruktur, rüber nach Miami Beach und rauf gen Fort Lauderdale; währenddessen also denkt man, dass der E-Mini eh pünktlich kommt, genau im Jahr der Mobilitätswende, mit all den vielen neuen Elektromobilen; und sinniert, ob man die gelben Designelemente und Akzente, die den Mini als elektrischen ausweisen, wirklich haben möchte. Wem das zu grell, zu schrill ist: Es lässt sich auch abbestellen. Geschmackssache, klar.

Preislich ist man bei Mini ohnehin Kummer gewohnt, da schrecken einen die 32.950 Euro nicht wirklich. Außerdem kommen ja noch 3000 Euro Förderung hinzu, besser: weg. Und schon reduziert sich der Einstiegspreis auf knapp unter den magischen 30er. (Andreas Stockinger, 7.2.2020)