Carrie Mathieson und Saul Berenson (Claire Danes und Mandy Patinkin) haben gerade wieder einmal eine gefährliche Situation mit knapper Not überstanden.


Foto: Showtime

Das "goldene Zeitalter des Fernsehens" war noch jung, als am 2. Oktober 2011 die erste Folge von Homeland läuft. In den USA entstehen in diesem Jahr rund 250 neue Serien, Netflix wächst rasch, hat aber weltweit noch eine geringe Bedeutung, die Menschen sehen Homeland im Fernsehen – zu vorgegebener Zeit, der US-Abosender Showtime hat die Serie produziert und strahlt sie auch aus. Serienfreunde in Deutschland und Österreich müssen warten. Im deutschsprachigen Free-TV startet Homeland erst eineinhalb Jahre später.

Die Lust am epischen Erzählen in Serien erreicht einen ersten Höhepunkt. In Mad Men flanieren die Werber, in The Walking Dead sabbern die Zombies, in Breaking Bad kochen brave Bürger Crystal Meth. 2011 starten Enlightened, Shameless und natürlich Game of Thrones. Die letzte Staffel der stilprägenden Serie Homelandbeginnt in den USA ab 9. Februar. Frei empfangbar wird sie auf Sat.1 Emotions voraussichtlich im Herbst 2020 ausgestrahlt.

Es war aber nicht nur die Gunst der Stunde, die Homeland von Anfang an so einschlagen ließ. Der Ausgangsplot war so brutal wie genial: Die CIA-Agentin Carrie Mathison erfährt bei einem ihrer Einsätze von einem US-Soldaten, der in irakischer Gefangenschaft die Seite gewechselt haben soll.

Ist das ein Terrorist?

Tatsächlich wird ein gekidnappter Marine nach jahrelanger Geiselhaft aus den Fängen der Al-Kaida befreit. Während Medien und Öffentlichkeit den Mann hochjubeln, rollt Nicholas Brody (Damian Lewis) daheim in der Garage den Gebetsteppich aus und betet "Allahu akbar ...". Aber ist er deshalb schon ein Terrorist?

Homeland reflektierte die Paranoia der Zeit, als der Islam unter Generalverdacht stand, die USA sich über rechtsstaatliche Prinzipien hinwegsetzten und die Terrorangst die Völker fest im Griff hatte. Homeland, von Robert Gordon und Alex Gansa parallel zu Gidon Raffs Hatufim (Prisoners ofWar), wurde Gesprächsthema, weil dieser unglaubliche Verrat so beängstigend realistisch schien und mit Claire Danes eine starke, gleichzeitig psychisch kranke Heldin ins Leben rief, deren intensive Performance man vor allem in den ersten beiden Staffeln nicht so schnell vergessen sollte.

Trailer zur achten und letzten "Homeland"-Staffel.
Homeland on SHOWTIME

Der Hype wuchs sich über die Staffeln aus. Auf dem Höhepunkt war er in der dritten, als sieben Millionen wöchentlich in den USA Spannungsmomente mit Carrie und Brody sehen wollten.

Acht Emmys gewann Homeland, zwei davon gingen an Danes, 39 Mal war die Serie nominiert. Dass Showtime dabei – ähnlich wie 24 – nie "die Bedeutung der patriotischen Sicherheitsdienste infrage stellt und ihre rechtlichen und ethisch schmutzigen Methoden nur oberflächlich, pseudokritisch als notwendiges Übel thematisiert, wie ihr vorgeworfen wurde, stimmt nicht. Allein die psychische Instabilität der Hauptdarstellerin spiegelt das labile System wider.

Der x-te Auszucker

Dass just dabei etwas zu tief in die Dramakiste gegriffen wurde, dieser Vorwurf trifft eher zu. Machte der Zusammenbruch der Borderlinerin Carrie noch betroffen, wurde der x-te Auszucker schließlich Parodie, genussvoll zerlegt von Tina Fey in Saturday Night Life. Wie sich überhaupt kaum ein Konzept mehr abzunützen scheint als jenes, das nur mit Angst jongliert. Die Frage nach der Identität Nicholas Brodys war so spannend, dass danach irgendwie die Luft draußen war. Dazu kam die Serienschwemme mit zuletzt mehr als 530 Serien in einem Jahr. Die Schauplätze wechselten nach Islamabad, Berlin und Washington, aber so gut wie am Anfang wurde es nie wieder.

Jetzt also die achte Staffel. Carries Kompagnon Saul Berenson (Mandy Patinkin) wird nationaler Sicherheitsberater und als solcher nach Afghanistan geschickt, um mit den Taliban in Friedensverhandlungen zu treten. Dazu will er Carrie mitnehmen, weil sie über genügend Wissen und Erfahrung verfügt. Diese erholt sich noch immer von ihrer brutalen Behandlung, die sie als russische Gefangene erhalten hat. Die Staffel soll irgendwie eine Verbindung zu allem herstellen. Kaum Hoffnung besteht freilich, dass Carries Mission am Ende erledigt ist.

"Nichts ist jemals wie beim ersten Mal", sagte Saul-Darsteller Mandy Patinkin zur Qualität der Serie in all den Jahren. "Die Kunst besteht darin, es gut genug zu halten." Homeland darf gehen. (Doris Priesching, 5.2.2020)