Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zieht das burgenländische Modell in Erwägung.

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Dass der Nachwuchs die Eltern pflegt, gilt von jeher als zwischen den Generationen ausgemacht. Dass er dafür Geld bekommt, ist neu – und könnte nun auch in Wien kommen

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Wien – Das Burgenland also. Dort hat man vieles richtig gemacht, findet die SPÖ auch andernorts, immerhin holte der rote Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bei den letzten Landtagswahlen 49,9 Prozent und damit die Absolute. Die Bundes-SPÖ liebäugelt deshalb schon länger mit den im Osten umgesetzten Maßnahmen und fordert, dass pflegende Angehörige für diese Tätigkeit im ganzen Land angestellt und mit mindestens 1700 Euro entlohnt werden.

Die SPÖ in Wien hätte dank Regierungsbeteiligung die Möglichkeit, das nicht nur zu fordern, sondern auch gleich umzusetzen. Zumindest über einen Teil des Plans will man nun nachdenken: Pflegende Angehörige könnten auch in der Bundeshauptstadt künftig beim Land angestellt werden. Weil man im Burgenland bestehende Hürden überwunden hätte, "werden wir das in Wien sicher auch anbieten", sagte der zuständige Sozialstadtrat Peter Hacker im Interview mit dem ORF-Report.

Hürden im Dienstrecht

Von einem fixen Plan will Hacker zwar noch nicht reden, aber: "Es spricht nichts dagegen, von anderen Bundesländern zu lernen", heißt es gegenüber dem STANDARD. Die Idee hätte man ohnehin schon vor zwei Jahren gehabt, damals sei man allerdings über dienst- und arbeitsrechtliche Probleme gestolpert – etwa, was im Falle von Kündigungen oder Abwesenheit passiere.

Die große Reform erwartet man sich davon in Wien jedoch nicht. Man spricht vielmehr von einem "kleinen zusätzlichen Angebot", mit dem man die Herausforderungen, "was den Personalbedarf im Pflegebereich betrifft", nicht lösen könne. Grundsätzlich, heißt es aus Hackers Büro, habe das Burgenland ganz andere Voraussetzungen, das Netz an mobiler und teilstationärer Pflege sei in der Bundeshauptstadt dichter.

Kostenlose Grundausbildung

Was das Modell Doskozils ausmacht, ist rasch erklärt: Pflegende Angehörige machen das weiterhin, bekommen aber Geld dafür. Das System dahinter: Sie werden für diese Tätigkeit bei der frisch gegründeten Pflegeservice Burgenland GmbH (PSB) angestellt. Sie ist eine 100-Prozent-Tochter der Krankenanstalten GmbH (Krages), die ihrerseits dem Land gehört. PSB-Angestellte müssen eine kostenlose Grundausbildung machen. Die können sie auch dann abschließen, wenn der Pflegling ins Heim verlegt wird oder verstirbt. Abhängig von der Pflegestufe werden Pflegende für 20 (Stufe drei), 30 (Stufe vier) oder 40 Wochenstunden (ab Stufe fünf) angestellt. Sie sind daher sozialversichert und füllen auch ihre eigenen Pensionskassen.

Im Fall von Urlaub oder Krankheit – eine der Hürden, über die Wien stolperte – sorgt der Arbeitgeber für Ersatzpersonal, etwa aus der Hauskrankenpflege. Der Dienstvertrag wird zwischen der PSB, dem Pflegenden und dem Pflegling geschlossen. Er endet – hier die zweite Hürde –, wenn eine Partei kündigt oder wenn die gepflegte Person über einen Monat im Krankenhaus ist. Es gilt eine einmonatige Kündigungsfrist.

1700 Euro netto, 14 Mal im Jahr

Etwa 100 solcher Anstellungsverhältnisse gibt es derzeit im Burgenland, ein Drittel davon Vollzeit. Dieses Drittel verdient 1700 Euro netto, also den ebenfalls neu eingeführten Mindestlohn – 14 Mal im Jahr. Die anderen bekommen entsprechend weniger.

Finanziert wird das durch 80 bis 90 Prozent des Pflegegeldes und einem Teil des Pensionseinkommens der gepflegten Person. Das Burgenland fördert die Lohn- und Lohnnebenkosten. Für alle 600 Personen, die für eine Anstellung infrage kommen, wurden 13 Millionen Euro jährlich berechnet, so ein Sprecher Doskozils. Weil sich wohl nicht alle gleichzeitig anstellen lassen werden, seien bis Ende 2020 rund sechs Millionen Euro vorgesehen.

Was man sich nicht abschauen will: "Ein Mindestlohn von 1700 Euro steht nicht im Raum", heißt es aus Hackers Büro. Die weitere Ausgestaltung ist noch unklar. (Gabriele Scherndl, 5.2.2020)