Noch vor dem ersten Sex geimpft sein: Denn damit werden aggressive HPV-Viren ausgebremst und können über die Jahre keine Krebserkrankungen verursachen.

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Es gibt viele Arten von Krebserkrankungen und unterschiedliche Ursachen. Eine der häufigsten sind Dauerinfektionen durch Viren. Wenn sie die Ursache sind, fällt es Betroffenen oft gar nicht auf. Humane Papillomaviren (HPV) zum Beispiel, die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden, siedeln sich in den Schleimhäuten des Gebärmutterhalses an, bleiben dort und verursachen eine Art permanente Entzündung, die das Immunsystem ständig bekämpfen muss.

"Das lässt sich durch eine Impfung zwischen dem neunten und zwölften Lebensjahr vermeiden", sagt Paul Sevelda, Präsident der österreichischen Krebshilfe und Gynäkologe am Krankenhaus Hietzing. Seine Organisation fordert daher im Kampf gegen den Gebärmutterhalskrebs eine HPV-Impfung für alle Schüler der vierten Klasse Volksschule, außer ihre Eltern lehnen sie dezidiert ab.

Stämme, die krank machen

Denn einige Arten dieser HPV-Viren sind aggressiv. Über die Jahre verursachen sie Gewebeveränderungen in den Schleimhäuten, die zu bösartigen Zellvermehrungen führen können. Gynäkologen stellen solche Veränderungen beim regelmäßigen PAP-Abstrich fest und entfernen diese Stellen – Konisation ist der Fachausdruck dafür. Bleiben solche Zellveränderungen unbemerkt, entwickeln sie sich weiter und werden zu Gebärmutterhalskrebs. Im Jahr 1900 war Gebärmutterhalskrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen.

"Österreich ist eines der ersten Länder, die sich für die Impfung von Buben und Mädchen ausgesprochen haben", sagt Sevelda und findet das gut. Mit HPV infizierte Männer, die mit vielen Frauen Geschlechtsverkehr haben, verbreiten die HPV-Viren extrem erfolgreich weiter. Werden auch die Buben vor dem ersten Geschlechtsverkehr geimpft, wirkt sich das deshalb überaus positiv auf die weibliche Bevölkerung aus. "Wir denken über ein Opt-out bei der HPV-Impfung nach", sagte Sevelda und meint: Wenn Eltern das partout nicht wollen, müssen sie sich explizit dagegen aussprechen.

Die Impfung gibt es seit ungefähr 15 Jahren, seit 2014 ist sie Bestandteil des kostenlosen Schulimpfprogramms für Kinder zwischen dem neunten und dem zwölften Geburtstag. Konkrete Zahlen zur Durchimpfungsrate gibt es nicht, es könne aber aufgrund von Umfragen davon ausgegangen werden, dass weniger als die Hälfte der Kinder auch geimpft ist, sagt Sevelda.

Ein Stich fürs Leben

"Impfungen sind die wirksamste Prävention gegen Krebs", betont er und ist froh, dass viele legale Hindernisse aus dem Weg geräumt wurden. So dürfen jetzt auch Schulärzte die HPV-Impfung verabreichen. "Die meisten Eltern sind ja keine Impfgegner", ist Sevelda überzeugt.

Sondern: Wer denkt schon bei einem neunjährigen Kind daran, dass es eines Tages Sex haben und in ein paar Jahrzehnten dadurch vielleicht Krebs bekommen wird? Das überfordert die Planung von Menschen, die medizinische Laien sind. Auch der neue Bundesminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte bei seinem ersten Auftritt: Aufklärung spiele in der Prävention von Krebs eine zentrale Rolle in der Gesundheitspolitik. (Karin Pollack, 5.2.2020)