Thomas Kemmerich am Mittwoch in Erfurt.

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Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich ist am Mittwoch zum neuen Ministerpräsidenten in Thüringen gewählt worden. Er setzte sich im Erfurter Landtag gegen den bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow von der Linken durch.

Nach der Landtagswahl im Oktober zeichnete sich eine schwierige Regierungsbildung ab. Linke und CDU wollten nicht zusammenarbeiten, keine Partei wollte eine Koalition mit der AfD. Kemmerich wurde nun jedoch auch mit den Stimmen der Rechtspopulisten gewählt. Außerdem stimmten CDU und – naturgemäß – die FDP zu. Kemmerich wurde in der geheimen Abstimmung mit 45 Stimmen gewählt und erreichte eine Stimme mehr als Ramelow. Dem von ihnen selbst aufgestellten Kandidaten Christoph Kindervater gab kein einziger Abgeordneter der Rechtspopulisten die Stimme.

Handschlag von Höcke

CDU-Chef Mike Mohring, der eine Zusammenarbeit mit der AfD stets ausgeschlossen hatte, sagte nach der Wahl, er sei "nicht verantwortlich für das Stimmverhalten der anderen". Dass auch die AfD dem Kandidaten der FDP zugestimmt hätte, hätte er nicht verhindern können. Er sei aber weiterhin für "eine klare Abgrenzung gegen rechts". AfD-Minister werde seine Fraktion aber keinesfalls unterstützen.

Die Linke verließ nach der Sitzung wortlos den Saal. Ex-Ministerpräsident Ramelow gratulierte Kemmerich nicht, ein Abgeordneter schrie "Schämt euch!" ins Plenum. Kemmerich und CDU-Chef Mohring setzten hingegen freundliche Gesichter auf. Der neu gewählte Ministerpräsident nahm auch einen Handschlag des AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke entgegen. Letzterer sprach dann von einem "Neustart in der Thüringer Politik" und gab seiner Freude über das Ende von rot-rot-grün Ausdruck.

"Rot-rot Grün haben fertig. An der AfD führt kein Weg vorbei!"

Die Bundes-AfD-Fraktionschefin Alice Weidel gab sich in einer ersten Reaktion thriumphal: "Rot-Rot-Grün in Thüringen hat schon jetzt fertig! Gratulation an Ministerpräsident Thomas Kemmerich. An der AfD führt kein Weg mehr vorbei!" Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert übte hingegen scharfe Kritik an CDU und FDP und deren Verhalten:"Der Tabubruch, der AfD zu echter Macht verholfen zu haben, wird nun für immer mit CDU und FDP verbunden sein. Die Masken sind gefallen. Es werden jetzt spannende Tage. Wachsamkeit ist das Gebot der Stunde."

Kemmerich muss nun ein Kabinett zusammenstellen- wie genau dieser Prozess angesichts des Patt im Landtag ablaufen soll, ist aber unklar.

Einzug mit 73 Stimmen

Die FDP hatte bei der Landtagswahl im Oktober lediglich fünf Prozent der Stimmen erhalten, ihr gelang der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde und damit in den Landtag nur mit 73 Wählerstimmen mehr, als dafür mindestens nötig. Ramelows Linke hatte die Wahl hingegen gewonnen, er hatte 31 Prozent der Stimmen erhalten.

Ramelow war seit 2014 Regierungschef des Freistaats und der erste Ministerpräsident der Linken in Deutschland. Ramelows Linke hatte zwar mit 31 Prozent die Landtagswahl im Herbst klar gewonnen, doch seine Koalitionspartner SPD und Grünen verloren deutlich. Im Landtag hat Rot-Rot-Grün nur noch 42 von 90 Sitzen. Dennoch hatten die bisherigen Koalitionspartner am Dienstag einen neuen Regierungsvertrag unterschrieben. Christdemokraten und Liberale wollten Ramelow nicht wählen. (seb, mesc, APA 5.2.2020)