Es war ein Freispruch mit Ansage: Wie erwartet, darf der amerikanische Präsident im Weißen Haus weiterregieren, nachdem ihn der Senat in beiden Punkten der Impeachment-Klage für nicht schuldig erklärt hat. Beim ersten Punkt, Amtsmissbrauch, stimmten 52 der 100 Mitglieder der kleineren Parlamentskammer dagegen, Donald Trump seines Amtes zu entheben. Beim zweiten, Behinderung des Kongresses, waren es sogar 53.

Der US-Senat hat eine Amtsenthebung von Präsident Donald Trump in der Ukraine-Affäre abgeschmettert.
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Fast alle Republikaner, allerdings mit einer prominenten Ausnahme, stellten sich bei der Causa Nummer eins hinter Trump, während ausnahmslos alle Demokraten gegen ihn votierten. Gerüchte, demokratische Senatoren aus Bundesstaaten wie Alabama oder West Virginia, in denen Trump 2016 mit klarem Vorsprung die Wahl gewonnen hat, könnten den Präsidenten ebenfalls entlasten, erwiesen sich damit als unbegründet. Eine Zweidrittelmehrheit, wie sie für eine Absetzung erforderlich gewesen wäre, war nie auch nur in Reichweite gewesen.

Prominente Gegenstimme

Gleichwohl dröhnte kurz vor der Entscheidung noch ein letzter Paukenschlag, wenn auch einer ohne praktische Konsequenzen für Trump. Noch bevor der Senat am Mittwoch über die beiden Anklagepunkte des Impeachment-Verfahrens zu entscheiden hatte, machte Mitt Romney am Rednerpult der Kammer deutlich, dass er als Solitär unter den Republikanern auf die Fraktionsdisziplin pfeifen würde.

Emotional sichtlich aufgewühlt, erklärte der ehemalige Präsidentschaftskandidat und nunmehrige Senator für Utah, er werde dafür stimmen, den Präsidenten wegen Machtmissbrauchs seines Amtes zu entheben. Trump, so sagte er, habe öffentliches Vertrauen auf haarsträubende Weise missbraucht. "Es war ein schamloser Angriff auf unser Wahlrecht, auf die nationale Sicherheit und unsere grundlegenden Werte."

Der Versuch, im Interesse des eigenen Machterhalts eine US-Wahl zu manipulieren, stelle einen ungeheuerlichen Angriff auf die Verfassung dar, "einen so ungeheuerlichen, wie er nur denkbar ist". Es stehe außer Frage, meinte Romney, dass Trump die Ukraine gedrängt hat, gegen einen innenpolitischen Rivalen (Joe Biden, Anm.) zu ermitteln.

Angesichts des Eids, den er vor Gott geschworen habe, sagte Romney, bleibe ihm daher keine andere Wahl, als zu dem Schluss zu gelangen, dass es sich um "high crimes and misdemeanors" handle – also um schwere Verbrechen und Vergehen, die eine Absetzung des Präsidenten rechtfertigen.

Rechtliche Mittel nicht ausgeschöpft

Was den zweiten Anklagepunkt angehe – Behinderung des Kongresses –, hatte der 72-Jährige zuvor in US-Medien erklärt, er werde für eine Entlastung Trumps votieren, da er die Beweislast nicht als erbracht ansehe. Die Demokraten hätten die rechtlichen Mittel nicht ausgeschöpft. Der Hintergrund: Um weitere Belastungszeugen zu vernehmen, etwa den ehemaligen Sicherheitsberater John Bolton oder Mick Mulvaney, den aktuellen Stabschef des Weißen Hauses, hätten die federführenden Abgeordneten des Repräsentantenhauses in der ersten Phase des Verfahrens vor Gericht ziehen und eine Vorladung durchsetzen können. Darauf verzichteten sie, da sie sich, auf Eile drängend, nicht auf einen womöglich monatelangen Rechtsstreit mit Trump einlassen wollten.

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Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell nach der Abstimmung.
Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Samuel Coru

Romneys Paukenschlag änderte zwar nichts am Wesentlichen, hatten seine 52 republikanischen Senatskollegen doch schon angekündigt, sich hinter den Präsidenten zu stellen. Gleichwohl schmälerte er den Triumph Trumps: Der kann nun nicht mehr behaupten, die Demokraten hätten zu einer rein parteiischen "Hexenjagd" auf ihn geblasen.

Gewandelte Grand Old Party

Einmal mehr wurde deutlich, wie gründlich sich die Grand Old Party gewandelt hat. 2012 hatte sie den einstigen Geschäftsmann Romney, einen bekennenden Anhänger des Freihandels, noch zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gekürt – 2020 ist er nun der Außenseiter.

Donald Trump junior forderte unmittelbar nach Romneys spektakulärem Auftritt in einem Tweet dessen Parteiausschluss. "Er war zu schwach, um die Demokraten zu besiegen, weshalb er sich heute mit ihnen verbündet", schrieb der älteste Sohn des Präsidenten in einem Tweet, auf die Niederlage des Kandidaten im Duell gegen Barack Obama anspielend. "Er ist jetzt offiziell ein Mitglied des Widerstands."

Viel Lob kassierte der Abweichler dagegen aus den Reihen der demokratischen Opposition. Nachdem er Trumps Schuld nachgewiesen habe, habe er gefragt, ob es auch nur einen einzigen republikanischen Senator gebe, der sage, es sei nun genug, kommentierte Adam Schiff, Chefankläger der Demokraten. "Wer würde sich gegen einen gefährlich unmoralischen Präsidenten stellen? Wer würde moralische Courage aufbringen?" Nun wisse man es: Der Mann sei Romney, schrieb Schiff. (Frank Herrmann aus Washington, 5.2.2020)