Der Südpol des Mars wird von einer Kappe aus übereinanderliegenden Kohlendioxid- und Wassereisschichten bedeckt.
Foto: NASA/JPL

Der Mars ist – abgesehen von der Erde – der am besten untersuchte Planet unseres Sonnensystems. Dutzende Sonden haben den Roten Planeten mittlerweile näher in Augenschein genommen, sowohl vom Orbit aus oder während eines Vorbeifluges, als auch am Boden. Die sowjetischen, US-amerikanischen, europäischen und indischen Missionen konnten zwar viele offene Fragen beantworten, die Beobachtungen führten jedoch auch zu zahlreichen neuen Rätseln. Eines davon hat mit der riesigen, rund einen Kilometer dicken Kappe aus Kohlendioxid- und Wassereis am Südpol des Mars zu tun. Unklar war bisher etwa, wie es zu dem dort beobachteten geschichteten Aufbau der Eismassen gekommen ist und ob es einen Zusammenhang mit dem CO2 in der Marsatmosphäre gibt.

Akkurate Simulation

Eine der wichtigsten Hypothesen für die Entstehung der Eisschichten hat mit der leicht gekippten Rotationsachse des Mars zu tun, die sich im Jahresverlauf zur Sonne hin beziehungsweise von ihr weg neigt. Nun haben neue Simulationen diese Erklärung untermauert. "Wenn man ein Modell entwirft, erwartet man normalerweise nicht, dass die Ergebnisse den Beobachtungen so nahe kommen", sagt Peter Bühler, Planetologe am Jet Propulsion Laboratory der Nasa. "Aber die von unserem Modell angenommene Dicke der Schichten passt ausgezeichnet zu Radarmessungen von Satelliten."

Wenn auf der südlichen Marshemisphäre Sommer herrscht, schrumpft die südpolare Eiskappe auf ein Minimum zusammen. Die Aufnahme stammt vom Mars Global Surveyor der Nasa (April 2000).
Foto: Nasa

Das seltsamste an der südpolaren Kappe ist die Tatsache, dass es sie eigentlich so nicht geben dürfte: Wassereis ist thermisch stabiler und dunkler als CO2-Eis, sodass Wissenschafter erwarten würden, dass sich Kohlendioxid-Eis destabilisiert, wenn es unter Wassereis eingeschlossen wird – und doch enthält die Kappe so viel CO2 wie die gesamte heutige Marsatmosphäre.

Drei Gründe, warum es die südpolare Eiskappe gibt

Nach dem im Fachjournal "Nature Astronomy" präsentierten Modell von Bühler und seinem Team wurde die Destabilisierung des CO2-Eises von drei Faktoren verhindert: die sich ändernde Neigung des Mars im Umlauf um die Sonne, die Unterschiede in der Art und Weise, mit der die beiden Eistypen das Sonnenlicht reflektieren, und die Veränderung des atmosphärischen Drucks, wenn das CO2-Eis sublimiert, also in einen gasförmigen Zustand übergeht.

Die südliche Eiskappe am Ende des Winters. Der permanente Eisschild im Zentrum wird von saisonalem Eis umgeben, das in den folgenden Monaten allmählich wieder verschwindet (Mars Global Surveyor, September 2001).
Foto: Nasa

Das "Wackeln" der Mars-Rotationsachse, die sogenannte Präzession, beeinflusst wie auch auf der Erde die saisonale Sonnenlichtmenge, die die Pole erreicht. In bestimmten Monaten wird dabei CO2-Eis gebildet, in anderen Monaten wird es wieder sublimiert. Im Laufe der Zeit hat das sich ändernde Klima des Roten Planeten dazu geführt, dass nicht jedes Mal das gesamte CO2-Eis sublimiert, sondern abwechselnd Schichten von CO2-Eis und Wassereis übereinandergestapelt wurden. Die Modelle zeigen, wie dieser Prozess den atmosphärischen Druck verändert: von einem Viertel auf das Zweifache des heutigen Niveaus.

Über 500.000 Jahre alt

Dies ist nach Ansicht der Wissenschafter seit rund 510.000 Jahren der Fall, also seit der letzten Phase extremer Sonneneinstrahlung, bei der das gesamte CO2-Eis an die Marsatmosphäre abgegeben worden war. "Unsere Annahmen über die Druckschwankungen der Marsatmosphäre sind für das Verständnis der Entwicklung des Marsklimas von grundlegender Bedeutung", sagt Bühler. "Und damit natürlich auch für die einstige potenzielle Lebensfreundlichkeit des Mars." (tberg, 10.2.2020)