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Der Chef der Credit Suide, Tidjane Thiam, zieht die Konsequenzen aus der Beschattungsaffäre, die die zweitgrößte Schweizer Bank wochenlang beschäftigt hat und tritt zurück.

Foto: reuters/balibouse

Zürich – Verwaltungsratspräsident Urs Rohner hat den Machtkampf an der Spitze der Credit Suisse für sich entschieden. Konzernchef Tidjane Thiam tritt nach der für kommende Woche geplanten Präsentation der Ergebnisse für das Gesamtjahr 2019 zurück, teilte Credit Suisse am Freitag mit. Neuer CEO werde Schweiz-Chef Thomas Gottstein. Urs Rohner bleibe wie geplant bis April 2021 Verwaltungsratspräsident.

Auslöser der Turbulenzen an der Spitze der zweitgrößten Schweizer Bank war die Beschattungsaffäre, die Credit Suisse seit Herbst in Atem hält. Rohner und weitere Verwaltungsräte des Instituts gelangten Insidern zufolge angesichts immer neuer Enthüllungen und der laufenden Untersuchung der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) zur Einsicht, dass ein Befreiungsschlag notwendig werden könnte. Mehrere Großaktionäre schlugen sich aber auf die Seite Thiams und forderten den Rücktritt Rohners.

"Keinerlei Kenntnis von Beschattung"

Doch offenbar gewann in einer Sitzung des Verwaltungsrats im Verlauf der Woche Rohner die Oberhand. "Urs Rohner hat den Verwaltungsrat während dieser turbulenten Zeit in anerkennenswerter Weise geführt", erklärte sein Stellvertreter Severin Schwan, der auch Chef des Pharmakonzerns Roche ist. "Alle Schritte des Verwaltungsrates erfolgten einstimmig und nach sorgfältigen Beratungen." Thiam erklärte, seine Kollegen könnten auf seine vollste Unterstützung zählen, wenn sie den Ausbau des Geschäfts weiter vorantrieben. Er bedauere die Überwachung. "Ich hatte keinerlei Kenntnisse von der Beschattung zweier ehemaliger Kollegen. Zweifellos hat dies der Credit Suisse geschadet und zu Verunsicherung und Leid geführt."

Thiam, der zuvor beim englischen Versicherer Prudential tätig war, ist seit 2015 Chef der Credit Suisse. Dort baute der aus der Elfenbeinküste stammende Manager das Geschäft mit reichen Kunden aus und reduzierte die als riskant geltenden Handelsaktivitäten. Er fuhr eine ähnliche Strategie wie der größere Rivale UBS. Nach dem jahrelangen Umbau schien sich die Credit Suisse zu beruhigen. Bis Ende 2019.

Wochenlange Überrwachung

Iqbal Khan, der langjährige Chef der Vermögensverwaltung, wurde wochenlang von Detektiven überwacht. Mitten in Zürich, vor dem Restaurant Metropol, flog die Sache auf – und die Credit Suisse und ihr Chef landeten international in den Schlagzeilen.

Zwar sprach eine eilig anberaumte Untersuchung von einem "Einzelfall". Die Beschattung soll der damalige Sicherheitschef der Bank im Alleingang angeordnet haben. Und Thiam will von der Sache nichts gewusst haben. Doch von Anfang an blieben Zweifel. Denn Khan und Bankchef Thiam lebten an der noblen Zürcher Goldküste Tür an Tür – und hatten sich zuvor persönlich überworfen.

Thiams Nachfolger Gottstein ist seit 1999 bei der Credit Suisse. Der frühere Investmentbanker bekleidete auch Führungspositionen in der Vermögensverwaltung und übernahm 2015 die Leitung des Schweizer Geschäfts. (Reuters, red, 7.2.2020)