Mitten in der Dunkelheit der Tiefsee erblüht ein Paradies: Rund um die heißen Quellen sogenannter Schwarzer Raucher siedeln sich zahlreiche Lebewesen an. Hier wimmelt es vor Würmern, Muscheln und Krebsen – Pflanzen hingegen gibt es keine, da eine Photosynthese nicht möglich ist. Doch diese stellen normalerweise an Land und an der Wasseroberfläche die organische Biomasse zur Verfügung, von der sich die anderen Organismen ernähren. Die Tiefseebewohner sind stattdessen auf Mikroben angewiesen, die Kohlenstoff und Mineralstoffe auf andere Art und Weise binden können. Die Abhängigkeit ist so stark, dass manche Organismen direkt eine feste Symbiose mit Bakterien eingehen.

Schwarze Raucher im Mittelatlantischen Rücken beherbergen interessante Lebensgemeinschaften.
Foto: MARUM, Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen.

Unter einer Symbiose versteht man das Zusammenleben unterschiedlicher Arten mit beiderseitigem Nutzen. Auch der Mensch ist auf Symbiosen angewiesen. Unsere Darmbakterien etwa helfen uns dabei, unsere Nahrung zu verdauen, damit wir die Nährstoffe aufnehmen können. Wir bieten ihnen dafür ein lauschiges Plätzchen und erlauben ihnen, sich am Buffet in unserem Darm zu bedienen.

Die Tiefsee-Miesmuschel (Bathymodiolus puteoserpentis) geht noch einen Schritt weiter. In ihren Kiemen besitzt sie spezielle Zellen, genannt Bakteriocyten, in denen zwei Arten von Bakterien leben. Die eine Gruppe ist dazu in der Lage, Methan zu verarbeiten, die andere mag Schwefelwasserstoff. Unklar ist noch, welche Stoffe dabei von den Bakterien an die Muschel übertragen werden.

Verbesserte Methoden für detaillierte Einblicke

Um den Austausch zwischen Muschel und Bakterien näher zu untersuchen, entwickelten Forscher des Max Planck Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen eine spezielle Technik. Sie kombinierten zwei Methoden mit den kryptischen Namen MALDI-MSI (matrix-assisted laser desorption/ionization mass spectrometry imaging) und FISH (fluorescent in-situ hybridization).

Ersteres ist eine spezielle Form der Massenspektrometrie. Dabei wird ein biologisches Präparat in kleine Bereiche eingeteilt, die dann mit einem Laser nacheinander verdampft und ionisiert werden. Dadurch lassen sich die Moleküle dieses Bereiches elektrisch trennen und messen. Als Ergebnis erhält man eine Karte des Präparats, die die Konzentrationen verschiedener Moleküle in jeder Zelle anzeigt.

Die zweite Methode markiert gewünschte Gene mit fluoreszierenden Farbstoffen, die mit einem Mikroskop sichtbar gemacht werden können. Da sich die beiden Bakterienarten und die Muschel genetisch unterscheiden, können sie unabhängig voneinander markiert werden. Unterschiedliche Farbstoffe für die drei Arten ergaben eine zweite Karte, die die Verteilung der Bakterien im Muschelgewebe anzeigte. Durch eine Verbesserung der Massenspektrometrie-Methode konnte das gleiche Präparat für beide Schritte verwendet werden.

Die Miesmuschel Bathymodiolus puteoserpentis ist ein beliebtes Forschungsobjekt.
Foto: MPI für Marine Mikrobiologie

Hinweise auf Molekülaustausch zwischen Bakterien und Muschel

Nun konnten die Forscher beide Karten vergleichen und fanden so Stoffwechselmoleküle, die sich nur in bakterienfreien Muschelzellen befanden, während andere in den Bakteriocyten gefunden wurden. Dabei konnten sie auch Unterschiede zwischen den verschiedenen Bakteriengruppen feststellen. Sogar innerhalb der Gruppe der Methan-verarbeitenden Bakterien gab es lokale Unterschiede im Stoffwechsel in verschiedenen Bereichen der Kiemen.

In der vorliegenden Studie, die im Wissenschaftsjournal "Nature Microbiology" veröffentlicht wurde, fanden sich außerdem erste Hinweise auf Stoffwechselprodukte, die möglicherweise zwischen Muschel und Bakterien ausgetauscht wurden. Beim Vergleich mit frei vorkommenden Bakterien der gleichen Klasse deutete das Fehlen dieser Moleküle auf eine Verarbeitung in der Muschel hin. Andere Stoffe fanden sich in bakterienfreien Kiemenzellen, aber nicht in den Bakteriocyten. Diese könnten von den Bakterien verarbeitet worden sein. Auch wenn noch unklar ist, was genau diese Stoffwechselprodukte sind, hoffe man "die chemische Sprache von Mikroorganismen untereinander und mit ihren Wirten zu entziffern", schreiben die Autoren. (Friederike Schlumm, 15.2.2020)