In Einzelfällen durften Sexualstraftäter in Deutschland ins Bordell gehen, berichtet der "Spiegel".

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Hamburg – Sexualstraftäter aus dem Maßregelvollzug im nordrhein-westfälischen Lippstadt-Eickelborn durfen in Einzelfällen Bordelle im Ruhrgebiet besuchen, um Erfahrungen mit Frauen zu sammeln. Das berichtet der "Spiegel" am Freitagnachmittag. In drei Fällen habe die Klinik solche Besuche in den letzten beiden Jahren aus "therapeutischen Gründen" genehmigt, bestätigte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Klinikträger dem Magazin.

Es habe sich um Patienten gehandelt, die bereits weitgehende Lockerungsstufen erreicht und kurz vor dem Übergang in die Freiheit gestanden hätten. Die Praxis sei daher verantwortbar gewesen, erklärte der LWL dem "Spiegel" zufolge. Weitere Bordellbesuche seien geplant.

Prostituierte nicht informiert

Allerdings räumte der Verband ein, dass die Prostituierten in den Bordellen nicht von der Klinik informiert worden seien, mit wem sie verkehrten. Eine ähnliche Praxis beschäftigt auch die niedersächsische Landespolitik, wie der "Spiegel" weiter berichtete. Dort allerdings unter anderen Vorzeichen: Im Maßregelvollzug Osnabrück kam demnach ab 2001 im Rahmen eines Therapieexperiments eine Prostituierte in die Klinik, um mit intelligenzgeminderten Sexualstraftätern einen gewaltfreien sexuellen Umgang mit Frauen praktisch einzuüben.

CDU und Grüne kündigten dazu Anfragen an die niedersächsische Landesregierung an. Der frühere langjährige Leiter des Maßregelvollzugs im hessischen Haina, Rüdiger Müller-Isberner, kritisierte solche Praktiken auf "Spiegel"-Anfrage als "abwegig" und "ethisch bedenklich". (APA, red, 7.2.2020)