Die Eurofighter des Bundesheeres waren zuletzt zur Luftraumüberwachung für das Weltwirtschaftsforum in Davos im Einsatz.

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Wien/Toulouse – In der Eurofighter-Affäre gibt es eine neue Wendung. Airbus hat gegenüber den US-Behörden unlauteres Verhalten bei der Eurofighter-Anschaffung in Österreich gestanden. Auch "politische Zuwendungen" in der Höhe von 55 Millionen sollen im Zuge des Verkaufs an 14 Einzelpersonen oder Organisationen geflossen sein. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) forderte am Samstag Wiedergutmachung vom Jet-Hersteller. Finanzprokuratur-Präsident und Kurzzeit-Innenminister Wolfgang Peschorn erwartet eine Anklage gegen Airbus auch in Österreich.

"Wir verfolgen seit Jahren mit allen rechtsstaatlichen Mitteln die berechtigten Ansprüche der Republik Österreich gegen Airbus. Durch das nunmehrige Eingeständnis von Airbus sollte es auch in Österreich zur Anklage kommen können", sagte Peschorn in einer Stellungnahme.

ORF

Airbus verpflichtet sich gegenüber US-Behörden zu Strafzahlungen

Anlass für die neue Wendung ist eine veröffentlichte Vereinbarung zwischen Airbus und den US-Behörden, das so genannte Deferred Prosecution Agreement, in der Airbus gegenüber dem US Department of Justice und US Department of State in mehreren Fällen massives Fehlverhalten eingesteht und sich auch zu hohen Strafzahlungen verpflichtet.

Die Vereinbarung bestätigt ausdrücklich unlauteres Verhalten von Airbus im Zusammenhang mit dem Verkauf von Eurofightern im Jahr 2003 an die Republik Österreich, wie das "profil" in einer Vorabmeldung berichtet, und erhärtet den vom Verteidigungsministerium unter Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Jahr 2017 angezeigten Betrugsverdacht, dass ein Teil des von der Republik Österreich für die Eurofighter als Kaufpreis bezahlten Betrags von 183,4 Millionen Euro über Deutschland in das dubiose Vector-Netzwerk und zu anderen über Broker und Briefkästen geflossen war, um unlauteren Geschäften zu dienen.

55 Millionen Euro an Honoraren und Provisionen

Die Details sind brisant. Der Airbus-Konzern, in dem die damalige Jet-Firma EADS aufgegangen ist, gibt diesbezüglich nämlich auch "politische Zuwendungen" zu, geht aus den Gerichtsunterlagen aus den USA hervor. Insgesamt habe Airbus Zahlungen an 14 Einzelpersonen, Berater oder Organisationen geleistet, die gemeldet werden hätten müssen, heißt es in den Gerichtsdokumenten. Das Unternehmen beziehungsweise "seine Verkäufer" hätten rund 55 Millionen Euro an entsprechenden politischen Zuwendungen, Honoraren oder Provisionen in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Verkauf an Österreich "bezahlt, angeboten oder zu zahlen akzeptiert".

Angeführt sind mehrere, aus Sicht der US-Behörden besonders bemerkenswerte Fälle. In den Akten sind Personen und Firmen zwar anonymisiert. Bei einem der Beispiele geht es jedoch allem Anschein nach um den früheren EADS-Lobbyisten Erhard Steininger, der zwischen April 2002 und Dezember 2009 – laut den Gerichtsdokumenten – von Airbus knapp 17 Millionen Euro plus ein Erfolgshonorar im Wert von 2,75 Millionen Euro erhalten hat. Bisher waren 17 Millionen Euro bekannt.

Ein zweiter angeführter Fall bezieht sich offenbar auf 87.600 Euro, die Steininger für Airbus an die Firma der Ehefrau des früheren Kommandanten der Luftstreitkräfte, Erich Wolf, bezahlt hat. Auch Wolf ist im Akt nicht namentlich genannt. Die Rede ist aber von einem "österreichischen Regierungsbeamten". Ermittlungen gegen Wolf in Österreich wurden schon vor Jahren eingestellt.

Staatsanwaltschaft München verhängte 2018 Bußgeld

Fest steht, dass nun schon in einem zweiten Land Verfehlungen in Zusammenhang mit dem österreichischen Eurofighter-Deal geahndet werden: Im Februar 2018 verhängte die Staatsanwaltschaft München ein Bußgeld von 81,25 Millionen Euro, da die Airbus Defence and Space GmbH seinerzeit "keine geeigneten Kontroll- und Sicherungssysteme implementiert" gehabt habe, um "Geldflüsse für unklare Zwecke" wirksam zu verhindern. Nachweise für Bestechungszahlungen hatten die deutschen Ermittler einer damaligen Pressemitteilung zufolge nicht gefunden.

Die Finanzprokuratur hatte sich im Februar 2017 für die Republik Österreich mit einer Schadenersatzforderung von mindestens 183,4 Mio. Euro dem Betrugsverfahren in Österreich gegen Airbus und andere angeschlossen. Airbus hat zuletzt auch gegenüber französischen und britischen Behörden gravierendes Fehlverhalten und rechtswidrige Geschäftspraktiken eingeräumt. Dafür musste Airbus erhebliche Strafzahlungen leisten.

Opposition sieht sich bestätigt und fordert Aufklärung

Die Opposition sieht sich durch die neuen Eurofighter-Entwicklungen bestätigt. Für SP-Wehrsprecher Robert Laimer hat sich der Betrugsverdacht bei der Anschaffung der Flieger erhärtet. Spätestens jetzt sei es an der Zeit, dass sich die ÖVP vom Eurofighter-Kauf distanziere.

Der freiheitliche Wehrsprecher Reinhard Bösch hält eine zügige und umfassende juristische Aufklärung, die sich aber nicht auf Airbus beschränken dürfe, für erforderlich. Ins Visier genommen werden müssten auch die Profiteure der verharmlosend "politische Zuwendungen" genannten Bestechungszahlungen: "Und ich hoffe, dass das Aufklärungsinteresse der ÖVP-Verteidigungsministerin dann nicht schlagartig abnimmt."

Seitens der NEOS meint der Abgeordnete Michael Bernhard, es sei zu begrüßen, dass die ÖVP-Verteidigungsministerin jetzt endlich den Auftrag erteilt habe, die Ansprüche der Republik Österreich auf Wiedergutmachung gegen Airbus "mit Nachdruck" zu verfolgen. Völlig unverständlich sei jedoch, wieso dieser Auftrag so spät komme und Österreich bei den Strafzahlungen deshalb bisher immer leer ausgegangen sei. Bernhard empfiehlt, dass Österreich nach dem Geständnis von Airbus jetzt umgehend prüfen soll, ob ein Rücktritt vom Eurofighter-Vertrag möglich sei. (APA, 8.2.2020)