Neurofilamente sind Proteine, die bei der Schädigung von Nervenzellen ins Blut gelangen. Sie könnten ein Biomarker für Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson sein.

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Im Bereich neurologischer Erkrankungen sind in den vergangenen Jahren sogenannte Neurofilamente als Biomarker ins Interesse gerückt. Forscher der Med-Uni Graz haben über einen blutbasierten Test herausgefunden, dass der Anstieg des Biomarkers in einem gewissen Rahmen zum normalen Alterungsprozess gehört, darüber hinaus jedoch "Handlungsbedarf" bestehen dürfte.

Neuronale Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson entwickeln sich meist über viele Jahre unbemerkt: Schon lange bevor Symptome bemerkbar werden, sterben Nervenzellen ab. Wenn Hirnzellen degenerieren, lassen sich ihre Überreste jedoch in Form von sogenannten Neurofilamenten (NfL) nachweisen. Das sind Proteine, die den Nervenzellen eigentlich Form und Stabilität verleihen und sozusagen ihr "Gerüst" bilden. Sie dürften in Zukunft stärker als bisher als Prognosemarker herangezogen werden.

Proteine von Nervenzellen

"Bei Neurofilamenten handelt es sich um Proteine der Nervenzellen, die bei einer Zellschädigung austreten und so in die Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit, dem Liquor, und in weiterer Folge auch ins Blut gelangen", erklärte Michael Khalil von der Uniklinik für Neurologie der Med-Uni Graz. Durch eine Punktion des Liquorraums zwischen zwei Wirbeln kann eine Probe des Liquors entnommen und untersucht werden, die Punktion kann aber auch Nebenwirkungen haben. Neben dem Hirnwasser lässt sich das Eiweiß auch im Blutserum nachweisen: Durch die Entwicklung eines Bluttest und die Methode der hochsensitiven Einzelmolekülanalyse können Forscher mittlerweile einfacher und sicherer auch geringste Mengen von Neurofilamenten im Blut valide quantifizieren, wie Khalil schilderte.

Um die NfL-Werte aber auch richtig einschätzen zu können, ist es notwendig zu wissen, ob und wie sich die Konzentration dieses Proteins im Laufe des Lebens in neurologisch unauffälligen Einzelpersonen verändert. Khalil und Kollegen von der Universitätsklinik Basel haben sich das im Abstand von mehr als fünf Jahren an einer Kohorte mit 335 neurologisch gesunden erwachsenen Personen genauer angesehen. "Für uns stellte sich die Frage, wie sich der Marker in einer neurologisch gesunden Kohorte über ein größeres Altersspektrum verhält, um so dessen Eignung als diagnostischer und prognostischer Marker bei neurologischen Erkrankungen besser abschätzen zu können", führte Khalil aus.

Anstieg ab dem 60. Lebensjahr

Die Ergebnisse waren so aufschlussreich, dass sie in die jüngste Ausgabe der Forschungsjournals "Natur Communications" aufgenommen wurden. Die Forscher stellten fest, dass insbesondere bei den Probanden ab dem 60. Lebensjahr der Laborwert stärker und vor allem nicht linear ansteigt. "Wir haben stärker und deutlicher steigende Werte beobachtet", berichtete Khalil.

Weiters nimmt die Variabilität des Laborwertes im Alter signifikant zu. So zeigten sich in manchen Proben deutlich höhere, in anderen deutlich niedrigere Werte. Auch zeigte sich, dass der Biomarker auch "sehr stark" mit Gehirnschwund in Beziehung korreliert. Die im Blut auffindbaren fadenförmigen Proteine aus dem Inneren von Nervenzellen dürften also als Biomarker für Gehirnveränderungen bei Personen über 60 Jahren nützlich sein, wenn klinisch noch keine neurologischen Auffälligkeiten festgestellt werden können.

"Unsere Forschung zeigt, dass Neurofilamente als Biomarker zur Krankheitsprognose geeignet erscheinen. Es ist anzunehmen, dass eine Zunahme von Neurofilamentwerten über einen gewissen Beobachtungszeitraum innerhalb einer altersabhängigen Perzentile lediglich mit Veränderung im Rahmen des normalen Alterungsprozesses einhergehen. Verlässt der ansteigende Wert jedoch die jeweilige Perzentile, dann besteht Handlungsbedarf", wie Khalil ausführte. Ein entsprechendes Perzentilen-Modell wäre der nächste Schritt. (APA, 11.2.2020)