Das Protein Gilz kann im Körper Gutes, aber auch Schlechtes bewirken. Cholesterinsenker bewirken, dass Gilz in den Zellen vermehrt gebildet wird.

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Cholesterinsenker zählen zu den Arzneimitteln, die am häufigsten verschrieben werden. Relativ häufig klagen Patientinnen und Patienten über Muskelsymptome, die von den Betroffenen als Schmerzen oder Muskelschwäche wahrgenommen werden. "Klinischen Anwendungsstudien zufolge treten diese in fünf bis zu 29 Prozent der Fälle auf. Sowohl ältere und weibliche Patienten, aber auch Personen, die körperlich aktiv sind, scheinen ein höheres Risiko zu tragen", erklärt Alexandra Kiemer, Pharmazeutische Biologin an der Universität des Saarlandes.

Welche Vorgänge dabei im Körper genau ablaufen und die Symptome auslösen, ist bis heute ungeklärt. Alexandra Kiemer und ihr Forscherinnenteam dürften nun die tatsächliche Ursache der Muskelschmerzen gefunden haben: Sie machen das Protein "Gilz" – ein sogenannter Glucocorticoid-induzierter Leuzin Zipper – für die entsprechenden Vorgänge im Körper verantwortlich.

"Eigentlich ist die Hauptfunktion von Gilz im Körper, Entzündungsprozesse zu unterdrücken. Statine schützen vor Herzinfarkten einerseits, indem sie den Cholesterinspiegel senken, andererseits aber auch, indem sie Gefäßentzündungen verringern. Daher vermuteten wir einen Zusammenhang zwischen Statinen und Gilz. Unsere Daten weisen darauf hin, dass Gilz im Körper Gutes, aber auch Schlechtes bewirken kann", erklärt die Pharmazeutin.

Protein ausschalten

Für ihre Studie werten die Wissenschafterinnen zunächst zahlreiche Datensätze aus weltweit verfügbaren Forschungsdatenbanken aus, und prüften, ob Statine Gilz beeinflussen. Zusätzlich konnten sie ihre Vermutung in Versuchsreihen an lebenden Zellen bestätigen. "Statine bewirken, dass das Protein Gilz in den Zellen vermehrt gebildet wird. Dadurch beeinträchtigen sie die Muskelzellen. Denn die vermehrte Gilz-Produktion führt dazu, dass die Muskelzellen eher absterben. Zusätzlich wird die Bildung neuer Muskelfasern gehemmt", erklärt Kiemer.

Die Forscherinnen schalteten Gilz in lebenden Zellen aus und beobachteten die Wirkung der Statine. "Wenn wir die Behandlung mit Statinen an Muskelzellen oder ganzen Muskelfasern durchführen, bei denen Gilz genetisch ausgeschaltet wurde, bleibt die Schädigung praktisch komplett aus", betonen die Studienautorinnen.

Es gibt Hinweise darauf, dass besonders körperlich aktive Menschen nach der Einnahme von Statinen unter Muskelsymptome leiden. Zudem scheinen Statine den Trainingserfolg zu beeinträchtigen. Die Forscherinnen planen nun eine neue Studie, die den Zusammenhang zwischen Statinen, körperlichem Training und dem Protein Gilz klären soll. (red, 11.2.2020)