Markus Fuchs liegt in der Jahresweltbestenliste über 60 Meter mit 6,62 Sekunden an der 20. Stelle und ist der achtschnellste Europäer.

Foto: ÖLV/W. Benedik

Mit Andreas Berger reizt man ihn nicht, sagt Markus Fuchs und fügt hinzu, er wolle "ein echtes Vorbild" sein. Das wäre Berger demnach nicht. Der hält zwar seit mehr als drei Jahrzehnten die heimischen Rekorde über 60 Meter (6,56) und 100 Meter (10,15), wurde aber vor allem auch des Dopings überführt (1993). Fuchs hat eine weiße Weste und ist Berger am Samstag, da er in Linz die 60 Meter in 6,62 Sekunden zurückgelegt hat, dennoch so nahe gekommen wie kein anderer Österreicher.

Über 100 Meter steht seine Bestzeit seit August 2019 bei 10,30 Sekunden. Da scheint Berger noch recht weit weg, doch Fuchs entwickelt sich stetig. "Meine Bestzeiten sind alles, nur keine Ausreißer, ich bin so konstant wie noch nie." Der 24-Jährige aus Perchtoldsdorf ist in Topform, umso mehr schmerzt ihn, dass die erste WM, für die er sich qualifizieren konnte, die für März in Nanjing/China geplante Hallen-WM, ob des Coronavirus um ein Jahr verschoben wurde.

Ticket nach Tokio

2020 hat noch andere Höhepunkte zu bieten, etwa eine Freiluft-EM Ende August in Paris – oder auch Olympische Sommerspiele ab 25. Juli in Tokio. Für Fuchs schien die Qualifikation außer Reichweite, doch seine gute Performance in der Halle hat ihm Selbstvertrauen gegeben. "Jetzt schwirrt mir Olympia durch den Kopf." Die japanischen Trauben, wenn man so will, hängen allerdings hoch. Das internationale Limit über 100 Meter wurde bei 10,05 Sekunden angesetzt. Diese Marke haben im Vorjahr weltweit nur 35 Sprinter geschafft oder unterboten, unter ihnen allein elf US-Amerikaner.

Angesichts der Tatsache, dass jede Nation maximal drei Athleten nach Tokio schicken darf, geht Fuchs davon aus, dass kaum mehr als 20 Sprinter die IOC-Norm erfüllen werden. Das olympische Feld umfasst aber 56 Läufer, und die restlichen Plätze werden über das World Ranking vergeben. Hier könnte Fuchs eine Chance haben. Schließlich zählen die fünf besten Leistungen, in seinem Fall könnten auch zwei 60-m-Zeiten in die Wertung kommen. Mit 6,62 Sekunden liegt er in der Jahresbestenliste derzeit an 20. Stelle, nebenbei ist er achtschnellster Europäer, das kann sich schon sehen lassen. Am Wochenende geht er bei den Balkan-Hallenmeisterschaften in Istanbul an den Start. "Auf 6,60 fehlt fast gar nichts mehr, und auf den perfekten Lauf warte ich ja noch."

Distanz und Definition

So oder so müssten noch drei Topleistungen im Freien dazukommen. Fuchs nimmt sich vor, die 100 Meter heuer klar unter 10,30 zu laufen. "In Wahrheit", sagt er, "sind mir die 60 Meter zu kurz. Da spür’ ich, dass ich am Ende erst richtig in die Beschleunigung reinkomme. Ich hab einen relativ großen Laufschritt, ich tu mir auf der längeren Distanz leichter." Fuchs ist 1,76 Meter groß und wiegt 75 Kilogramm, neben dem einen oder anderen hünenhaften Kollegen wirkt er manchmal fast schmächtig. "Aber die genaue Definition des perfekten Sprinters gibt es eh nicht."

Momentan hat Fuchs alles dem Sport untergeordnet, als Heeressportler konzentriert er sich voll aufs Training, sein Sportstudium hat er unterbrochen. Ein Trainerwechsel hat ihn jedenfalls nicht gebremst, seit Saisonbeginn wird er nicht mehr von seiner Entdeckerin Victoria Schreibeis betreut, sondern abwechselnd von Herwig Grünsteidl und Patrick Saile, zu dem er jede zweite Woche nach München pendelt.

Körper und Geist

Auch der Physiotherapeut Jan Schellmann und die Sportpsychologin Judith Draxler-Hutter zählt Fuchs zu seinem Team. "Ich lege auf Regeneration viel mehr Wert als früher", sagt er. "Körper und Geist arbeiten gut zusammen", sagt er auch. Sprinter sind hochsensible Wesen, sind laut Markus Fuchs "immer auf tausend, körperlich wie nervlich, im Training wie im Wettkampf". Das Ziel sei es, möglichst locker zu bleiben. "Es geht um die Lockerheit im Kopf und in den Beinen." (Fritz Neumann, 10.2.2020)