Im Justizministerium haben "Mascherlposten" eine gewisse Tradition.

Foto: APA/Pfarrhofer

Zum Thema parteinaher Postenbesetzungen drangen auch am Montag neue Informationen nach außen – allerdings zu Besetzungen durch ÖVP-nahe Juristen. So hat etwa der jetzige Chef der Präsidialsektion im Justizministerium, Alexander Pirker, parteipolitisch begonnen; er war Anfang der 2000er-Jahre unter anderem mit Johannes Frischmann, jetzt Sprecher von Kanzler Sebastian Kurz, im Vorstand der Jungen Volkspartei (JVP). Nach seiner Richteramtsprüfung ging Pirker ins Justizministerium.

2012 kam er ins Kabinett der damaligen Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) – und wurde zum stellvertretenden Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz ernannt. Bedingung für den Job: Er durfte die Stelle nie antreten. Pirker landete also auf einem sogenannten "Mascherlposten" der Justiz, was zu einer Gehaltserhöhung führte. Selbiges war bei der heutigen Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) der Fall, sie landete 2015 auf einem Oberstaatsanwalt-"Mascherlposten".

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Unruhe im Ministerium

Pirkers Avancement sorgte für Unruhe im Justizministerium. In einem Schreiben an die Ministerin vom 15. November 2012 hieß es wörtlich, das Motiv für die Ausschreibung der Planstelle eines Stellvertreters des Leiters der OStA Graz, das für eine Verwendung im Justizministerium (Zentralleitung) gebunden sei, habe bei Mitarbeitern im Ministerium für "große Irritationen" gesorgt.

Man sei stolz darauf, ein Teil der Justiz zu sein, als Bindeglied zwischen unabhängiger Justiz und Politik leisteten Richter und Staatsanwälte im Kabinett einen wertvollen Beitrag, der auch angemessen honoriert werden solle.

Das Vorgehen im Falle Pirkers goutierten die Mitarbeiter freilich gar nicht. Die Ausschreibung der Planstelle eines OStA-Vizechefs, gebunden an die Tätigkeit im Ministerium, sei "sachlich nicht zu begründen" und rechtlich gesehen die falsche Wahl. Die Ausschreibung und Besetzung "im finanziellen Interesse eines Einzelnen" demotiviere alle anderen Justizmitarbeiter, die bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften "ein immenses Arbeitspensum erbringen" und auch "einen wichtigen Beitrag für die Justiz leisten".

Edtstadler unterschrieb Protestnote

Und: Die geplante Ernennung würde das Ansehen der Justiz im Allgemeinen und der Zentralleitung im Ministerium im Speziellen schädigen. Man hoffe darauf, dass die Ministerin "von unsachlichen Einzelmaßnahmen Abstand nehmen und stattdessen generelle und nachhaltige Lösungen" für die Entlohnung von Richtern und Staatsanwälten im Kabinett finden möge, so die Juristen.

Unterschrieben haben den Protestbrief an die 40 Mitarbeiter, auch hochrangige Beamte des Justizministeriums. Besonders interessant: Auch Karoline Edtstadler setzte ihre Unterschrift unter die – erfolglose – Protestnote. Zur Erinnerung: Edtstadler sollte später selbst einen "Mascherlposten" bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bekommen, im Jahr 2015 unter Wolfgang Brandstetter (ÖVP).

Dieser machte Pirker zum Kabinettschef und später zum Generalsekretär – was in Medien als "Upgrade" aus finanziellen Gründen kolportiert wurde.

Die Praxis der "Mascherlposten" ist in der Justiz gang und gäbe. Man verweist darauf, dass es keine andere Möglichkeit gebe, dem Ministerium zugeteilte Staatsanwälte und Richter in ein höheres Gehaltsschema zu bringen.

Pirker kennt man auch aus dem BVT-U-Ausschuss, dort wurde er zu angeblichen "ÖVP-Netzwerken" befragt. Er hatte sich mehrfach mit dem von der WKStA beschuldigten Referatsleiter P. und dem ÖVP-Abgeordneten Werner Amon getroffen, um "Berufliches" zu besprechen. Ein Treffen der drei Kartellverbandsbrüder hätte auf der Bude einer Verbindung stattfinden sollen – wäre dort nicht die Heizung ausgefallen. (Renate Graber, Fabian Schmid, 10.2.2020)