Andreas Brandstetter, Chef der Uniqa, kauft in Osteuropa zu.
Foto: Insurance Europe/PABLO MORENO

Eine Milliarde Euro nimmt die Uniqa in die Hand, um der französischen Axa ihre Töchter in Polen, Tschechien und der Slowakei abzukaufen. Fünf Millionen Kunden holt sich Uniqa-Chef Andreas Brandstetter damit ins Boot. Die Uniqa, derzeit siebtgrößter Anbieter, rückt durch den Deal auf Platz Nummer fünf in der Region Zentral- und Osteuropa vor. Bis es so weit ist, wird aber noch einige Zeit vergehen. Denn die zuständigen Behörden prüfen die Übernahme – etwa um festzustellen, ob es zu einer marktbeherrschenden Stellung in einer Region kommt. Brandstetter geht davon aus, dass der Zukauf heuer im vierten Quartal besiegelt werden kann.

Ob eine Milliarde Euro für den Zukauf nicht auch etwas teuer ist? "Das wird die Zukunft zeigen", sagt Brandstetter zum STANDARD. Man dürfe nicht vergessen, dass in den drei Ländern rund 50 Millionen Menschen leben. Zudem sei die Durchdringung mit Versicherungen und Vorsorgelösungen teilweise noch sehr schwach. Klar, jeder, der ein Auto hat, braucht auch in Zentral- und Osteuropa eine Haftpflichtversicherung. Einen Teil- oder Vollkasko-Schutz dazu würden jedoch nur wenige Kunden nehmen. Selbst in großen Städten wie Warschau ist es laut Brandstetter noch nicht üblich, dass man automatisch eine Haushaltsversicherung abschließt, wenn man etwa eine Wohnung kauft.

Großes Wachstumspotenzial

Zur Einordnung: In Österreich werden im Schnitt pro Jahr rund 2000 Euro für Versicherungen ausgegeben. Auf EU-Ebene sind es im Schnitt 2500 Euro. "In Tschechien, Polen und der Slowakei sind es zwischen 400 und 500 Euro. In Albanien sind es aktuell 40 Euro pro Jahr", skizziert Brandstetter das Wachstumspotenzial.

Hinzu komme, dass mit Wachstumsraten von drei Prozent im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre das BIP dieser Länder deutlich über jenem Österreichs (1,6 Prozent) liegt. Obwohl man als Versicherung seit 30 Jahren in Osteuropa aktiv ist, "haben wir den Aufholbedarf teilweise unterschätzt", erklärt Brandstetter.

Hierbei gehe es nicht nur um Versicherungen. Im Zukauf befinden sich auch Wertpapierfirmen, Pensionskassen und Servicegesellschaften. Auch hier ortet Brandstetter großes Potenzial: "Es dauert lange, bis Menschen anfangen, daran zu denken, dass sie ihre Vorsorge in die eigenen Hände nehmen sollten, wenn Vorsorge und Eigenverantwortung so lange nicht Teil der Zivilgesellschaft waren." Themen wie Alters- oder Pflegevorsorge seien weit noch nicht so etabliert wie im Westen.

Keine Kapitalerhöhung

Eine Kapitalerhöhung, um die Milliarde zu stemmen, wird es nicht geben. Der Großteil wird laut Brandstetter fremdfinanziert. Hier komme der Versicherung auch einmal das Niedrigzinsumfeld entgegen, mit dem sie auf der Produktseite ja mitunter recht hadert.

Mit dem Zukauf holt man sich auch 2100 Mitarbeiter und ein Prämienvolumen von rund 800 Millionen Euro ins Haus. Bis alle neuen Töchter auf Uniqa gebrandet sind, wird es aber dauern. Die Integration der Axa-Töchter wird laut Brandstetter sicher bis Ende 2021 laufen. Den Kostenaufwand dafür wollte Brandstetter nicht abschätzen. Aber das sei in Summe "eine unglaublich diffizile Projektarbeit". Uniqa-Aktionäre sind vom Zukauf jedenfalls überzeugt. Die Aktie stieg am Montag im Verlauf um fast acht Prozent. (Bettina Pfluger, 11.2.2020)