"Der Wert des Schutzwaldes soll mit anderen Maßnahmen wie Lawinenschutzbauten verglichen und in Kontext gesetzt werden", sagt Michaela Teich.

Foto: BFW

Dass viele Gebirgstäler im Winter relativ lawinensicher sind, ist den Wäldern zu verdanken. Ein gesunder, dichter Wald gilt als beste Schutzmaßnahme. Es gibt aber auch Waldabschnitte mit reduzierter Wirkung.

"Schon Lücken im Baumbestand von zehn, zwanzig Meter Breite reichen aus, um Lawinen hier anreißen zu lassen", erklärt Michaela Teich vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) in Innsbruck. "Kälte und Neuschnee, der sich nicht gut bindet, können zu Wildschneelawinen führen, bei Erwärmung und Regen werden Nassschneelawinen zur Gefahr."

Wie und in welchem Ausmaß der Wald vor den in Bewegung geratenen Schneemassen schützt, ist ein Schwerpunkt von Teichs Forschungen in der Abteilung Schnee und Lawine am Institut für Naturgefahren des BFW, wo sie seit 2019 tätig ist. Im Moment steht für die 1980 geborene Forstwissenschafterin das Projekt "GreenRisk4ALPs" im Vordergrund.

Das vom BFW geführte Projekt, das durch das Interreg-Programm der EU gefördert wird, versammelt 13 Partner in Deutschland, Slowenien, Italien, Frankreich und Österreich. Das Ziel ist ein "Ökosystem-basiertes Risikomanagement" für Naturgefahren wie Lawinen, Steinschlag oder Hangrutschungen, das die Gegebenheiten der Natur stärker miteinbezieht und nutzt.

Ökosystembasiertes Risikomanagement

"Es geht darum, den Schutzwald in die Risikomanagementkonzepte besser zu integrieren", sagt Teich. "Der Wert des Schutzwaldes soll mit anderen Maßnahmen wie Lawinenschutzbauten verglichen und in Kontext gesetzt werden. Gleichzeitig sollen Werkzeuge entwickelt werden, die die Risikobewertung und die Planung von Schutzmaßnahmen – zu denen eben auch der Wald gehört – zu verbessern." Gleichzeitig soll die Akzeptanz für ein wissenschaftliches, ökosystembasiertes Risikomanagement gefördert werden.

Zu Teichs Aufgaben gehört die Erarbeitung von Tools, mit denen der Effekt des Waldes in Lawinenmodellen besser bewertet werden kann. Eine Protection forest assessment toolbox (FAT) soll etwa ausgehend von einer individuellen Topografie und den zu schützenden Objekten den Einsatz von Schutzmaßnahmen optimieren helfen, wobei auch wirtschaftliche Daten miteinfließen. Die Suche nach kostengünstigem Schutz spricht für den Wald.

Dass es Teich, die bei Radebeul nahe Dresden im Osten Deutschlands aufgewachsen ist, einmal in die Berge ziehen würde, zeichnete sich bereits in Jugendjahren ab, als sie das Mountainbiken und Snowboarden für sich entdeckte. Ein Interesse an Natur und Botanik führte zu einem Studium der Forstwissenschaften an der TU Dresden.

Bereits ihre Master- und Doktorarbeit am Forschungsinstitut SLF in Davos und an der ETH Zürich waren Lawinen und Schutzwald gewidmet. Als Postdoc forschte sie drei Jahre an der Utah State University – unter anderem zur Auswirkung des Borkenkäfer-Befalls auf die Lawinenschutzwirkung des Waldes.

Aus den USA brachte sie ihren Ehemann mit nach Innsbruck und in die österreichischen Alpen. "Ich bin keine extreme Bergsteigerin, aber noch immer sehr gern mit Ski, Snowboard und Mountainbike unterwegs", sagt Teich. "Ich könnte nie am Meer wohnen: zu viel Sand, zu viel Wind, zu flach." (Alois Pumhösel, 14.2.2020)