Gerichtssaal in Steyr: Die mutmaßlichen Staatsverweigerer stellen ihre Gruppe als harmlose NGO dar.

Foto: APA / Kerstin Scheller

Wien – Zwei mutmaßliche Staatsverweigerer sind Mittwochabend in Steyr nicht rechtskräftig zu Haftstrafen verurteilt worden. Der Erstangeklagte fasste zehn Jahre aus, der Zweitangeklagte drei Jahre, zwei davon bedingt. Die Geschworenen sprachen die Männer als Mitglieder einer staatsfeindlichen Verbindung wegen versuchter Anstiftung zum Hochverrat schuldig. Darauf stehen zwischen zehn und 20 Jahren Haft.

Es waren bedrohliche Szenen, von denen die Zeugin berichtete. Eines Tages seien bewaffnete Menschen auf ihrem Anwesen über ihre Raumpflegerin hergefallen, offenbar in der falschen Annahme, es handle sich um die Hausherrin selbst. Kurz darauf seien in ihrem Wohnort überall Haftbefehle gegen sie affichiert gewesen. "So müssen Fanatiker sein", befand die Juristin, die auf einem Vierkanthof lebt und dort ihre Kanzlei unterhält.

Die hörbar aufgewühlte Frau meint damit jene Gruppe, die sich "International Common Law Court of Justice Vienna" (ICCJV) nennt. Seit Dienstag stehen in Steyr zwei mutmaßliche Anführer dieser "Staatsverweigerer" vor Gericht. Die beiden Männer, 55 und 56 Jahre alt, müssen sich unter anderem wegen versuchter Anstiftung zum Hochverrat verantworten – es gilt die Unschuldsvermutung. Das Duo soll laut Anklage nicht nur Polizeidienststellen sowie den Innenminister aufgefordert haben, Mitglieder der Bundesregierung, des Nationalrats, des Bundesrats und andere zu verhaften, sondern auch selbst geplant haben, den damaligen niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll zu verhaften.

Acht Narren am Dienstposten

Die als Zeugin geladene Rechtsanwältin, die als Sachwalterin für ein ICCJV-Mitglied bestellt worden war, soll ebenfalls Ziel einer Entführung gewesen sein. Monatelang sei sie von Mitgliedern massiv bedrängt worden, erzählte die Juristin vor Gericht. Im Juni 2014 sei ihr telefonisch angekündigt worden, dass man dem Besachwalteten zum Recht verhelfen werde. Wenig später erhielt die Anwältin von einem Polizisten einen Warnanruf, er habe "acht Narren aus dem Dienstposten geschmissen, die wollen dich abholen". Auf ihrem Hof fand die Anwältin im Briefkasten eine Vorladung zum ICCJV: Sie müsse "als letzte Gefahr ausgeschaltet" werden, und daher werde ein "Präzedenzfall für ganz Europa geschaffen".

Die Befragung der als Zeugen geladenen ICCJV-Mitglieder lief überwiegend nach demselben Schema ab. Zuerst erklärten die Vorgeladenen, dass es ihrer Vereinigung darum gehe, sich für Menschen- und Völkerrechte einzusetzen. Ein "Ich weiß nicht" erhielt der Richter dann meist auf die Folgefrage, wie das in Österreich umgesetzt werden solle. Beim Verweis auf das Statut, in dem dies genau ausgeführt wird und das von einigen Zeugen auch unterzeichnet worden war, kamen Erinnerungslücken.

Sheriff-Ausweise

Die Darstellung, es handle sich um eine NGO, nahm das Gericht den Zeugen jedenfalls nicht ab. So gehe etwa aus dem Statut hervor, dass eine Verfolgung derer möglich ist, die sich gegen jenen internationalen Gerichtshof stellen. Dafür wurden Sheriffs bestimmt, von denen auch zwei im Zeugenstand saßen. Einer von ihnen besaß nichtregistrierte Faustfeuerwaffen. "Das war ein blöder Spleen", rechtfertigte sich dieser. Er habe zwar den Sheriff-Ausweis besessen, aber "man hat ihn nicht gebraucht".

Ein ehemaliges Gründungsmitglied des oberösterreichischen ICCJV entschied sich deshalb für die Vereinigung, weil es dort "Gerechtigkeit gibt, die es heute nirgendwo gibt". Daher sollten "korrupte und ungerechte Menschen weggesperrt werden". Zu dieser Personengruppe habe auch Pröll gezählt, das habe er vage mitbekommen. Außerdem wollte man den Rücktritt aller Exekutivorgane und der Judikative, zeigte er sich doch ein wenig auskunftsfreudig. "Und was hieße das für mich?", wollte der Richter wissen. Hätte er stellvertretend für das österreichische Rechtssystem ausgetauscht werden sollen? Daran könne er sich nicht mehr erinnern, es sei schon so lange her, endete die Mitteilungsbereitschaft.

Mildernd wertete das Gericht beim Erstangeklagten u.a., dass die Taten beim Versuch geblieben sind sowie eine doch herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit des Querulanten, erschwerend zwei einschlägige Vorstrafen. Dem Zweitangeklagten hielt das Gericht zugute, dass er eher ein Mitläufer war und daher sein Tatbeitrag untergeordnet gewesen sei. Obwohl auch die Geschworenen ihn wegen versuchter Anstiftung zum Hochverrat schuldig sprachen, blieb dessen Strafe doch deutlich unter dem Minimum von zehn Jahren. Wegen einer außerordentlichen Strafmilderung erhielt er drei Jahre teilbedingt. (red, APA, 12.2.2020)