In der Schwangerschaft sollte auf parabenhaltige Körperlotionen verzichtet werden – es gibt Hinweise, dass sie die Entwicklung des Embryos beeinflussen.

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Parabene werden als Konservierungsmittel in Kosmetika eingesetzt. Nutzen Schwangere parabenhaltige Kosmetika, die länger auf der Haut verbleiben, kann dies Folgen für die spätere Gewichtsentwicklung des Kindes haben. Das haben Wissenschafter vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam mit Forschenden der Universität Leipzig sowie der Charité und dem Berlin Institute of Health (BIH) gezeigt. Die Studie wurde im Fachmagazin Nature Communications veröffentlichten.

Ausgehend von den Daten der Mutter-Kind-Studie LINA konnten die Wissenschafter epigenetische Veränderungen identifizieren, die durch Parabene hervorgerufen werden und die natürliche Regulation des Sättigungsgefühls im Gehirn stören.

Als Konservierungsmittel im Einsatz

Methylparaben, Propylparaben, Butylparaben – so oder so ähnlich heißen Parabene, die in Kosmetika vielfach als Konservierungsmittel eingesetzt werden. Was in Cremes oder Körperlotionen gegen Keime schützt, kann jedoch einen schwerwiegenden Nebeneffekt haben. "Und das im wahrsten Sinne des Wortes", sagt Umweltimmunologe Tobias Polte. Und weiter: "Nehmen Schwangere Parabene über die Haut auf, kann dies zu Übergewicht bei ihren Kindern führen."

Ausgangspunkt der Untersuchungen war die Mutter-Kind-Kohorten-Studie LINA, eine Langzeitstudie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, in der die Bedeutung von Umweltbelastungen in sensiblen kindlichen Entwicklungsphasen für das spätere Auftreten von Allergien und Atemwegserkrankungen oder Übergewicht erforscht wird.

"Zunächst wollten wir wissen, ob die im Urin von Schwangeren aus der Mutter-Kind-Kohorte gefundenen Parabene einen Einfluss auf die Gewichtsentwicklung ihrer Kinder haben", erklärt Irina Lehmann, heute am Berlin Institute of Health (BIH) und an der Charité Berlin tätig. "Wir entdeckten dabei einen positiven Zusammenhang zwischen den Konzentrationen von Butylparaben im Urin der Mütter und einem erhöhten Body-Mass-Index der Kinder – insbesondere der Töchter – bis hin zum achten Lebensjahr."

Auf Spurensuche

Um herauszufinden, woher die Butylparabene im Urin der Schwangeren überhaupt stammen, durchforstete man die Fragebögen, die die Teilnehmerinnen der LINA-Studie ausgefüllt hatten, nach Angaben zu benutzten Kosmetikprodukten während der Schwangerschaft. "Hohe Konzentrationen von Parabenen im Urin der Mütter gingen tatsächlich einher mit der Nutzung parabenhaltiger Kosmetika – insbesondere solcher, die lange auf der Haut verbleiben, wie etwa Cremes oder Körperlotionen", so Polte.

Doch wie hängt die Nutzung parabenhaltiger Cremes der werdenden Mutter mit dem späteren Übergewicht des Kindes zusammen? Um den zugrundeliegenden Mechanismen auf die Spur zu kommen, untersuchte das Team zunächst in Zellkulturen, ob Fettzellen selbst auf erhöhte Konzentrationen von Butylparaben reagieren. Das taten sie nicht.

Über eine Generation hinweg

Daher vermuteten die Forscher, dass Parabene möglicherweise einen Einfluss auf die Hungerregulation im Gehirn haben könnten und nahmen im Mausmodell Schlüsselgene im Hypothalamus der Mausnachkommen genauer unter die Lupe. Es zeigte sich, dass ein für die Steuerung des Hungergefühls maßgebliches Gen namens Proopiomelanocortin (POMC) im Gehirn der jungen Mäuse erstaunlich herunterreguliert war.

Weitere Untersuchungen auf genetischer Ebene ergaben, dass hierfür eine epigenetische Veränderung verantwortlich war, die verhinderte, dass das entsprechende POMC-Gen abgelesen werden konnte. "Unter dem Einfluss von Parabenen während der Schwangerschaft entstehen bei den Nachkommen offensichtlich epigenetische Veränderungen, die die Regulation des natürlichen Sättigungsgefühls langfristig stören. Dadurch nehmen diese dann mehr Nahrung auf", erklärt Polte.

"Bei der Gewichtsentwicklung spielen natürlich noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle, wie etwa eine hyperkalorische Ernährung sowie Bewegung. Dennoch scheinen Parabene in der Schwangerschaft ein Risikofaktor für die Entstehung von Übergewicht darzustellen", so der Experte. Wie stabil die epigenetischen Veränderungen sind, und ob sie weitervererbt werden können, darüber ist bislang noch keine Aussage möglich. Doch aus den bisherigen Ergebnissen können die Forscher schon eine klare Empfehlung aussprechen: "Werdende Mütter sollten während der sensiblen Phasen von Schwangerschaft und Stillzeit mit Blick auf die künftige Gesundheit ihre Kindes unbedingt auf parabenfreie Produkte zurückgreifen", sagt Lehmann.

Besser parabenfrei

Viele Kosmetika sind bereits als parabenfrei deklariert, ansonsten hilft der Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe. Zudem gibt es bestimmte Apps, die Inhaltsstoffe anzeigen. In zukünftigen Untersuchungen fahnden die Wissenschafter nach weiteren möglichen Wirkungen von Parabenen. "Epigenetische Veränderungen, die die Regulation des Sättigungsgefühls betreffen, sind natürlich nur ein möglicher Endpunkt", sagt Polte.

Und weiter: "Generationenübergreifende Effekte von Umweltfaktoren werden bislang häufig unterschätzt. Wir hoffen, dass wir mit unserer Forschung dazu beitragen können, dass diese künftig mehr in den Fokus genommen werden." (red, 17.2.2020)