Sexpuppen gibt es – so wie hier auf der Berliner Messe für Sexspielzeug, Unterwäsche, Hygieneartikel und Erotikfilme – in diverser Auswahl. Online gibt es sie auch in Form von Kindern.

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Sie halten Süßigkeiten in den Händen, tragen Plüschhaube und blicken mit unschuldigen, großen Augen in die Kamera. Sexpuppen, die wie Kinder aussehen, gibt es seit Jahren im Internet – nun beginnen erste Länder, dagegen vorzugehen. In Dänemark steht der Erwerb dieser nach einem Gesetzesbeschluss künftig unter Strafe, wie das luxemburgische Tageblatt berichtet. Zahlreiche Puppen dieser Art sind nach Österreich lieferbar, hierzulande darf man sie legal besitzen.

Jonni Brem therapiert bei der Wiener Männerberatung pädophile Männer. Er hilft ihnen in anonymen Sitzungen dabei, dass sie ihre sexuelle Neigung nicht ausleben, sondern mit ihr leben – zum Schutz der Kinder. Und Sexpuppen, die Kinder darstellen, hält er nicht für eine Prävention, sondern für einen Motor von Kindesmissbrauch. "Das verschärft die Gefährdung", sagt er. Denn durch die Sexpuppen würden nicht Fantasien in ein gefühlloses Objekt abgeführt, sondern die Fixierung auf ein bestimmtes Objekt verstärkt.

Von der britischen National Society for the Prevention of Cruelty to Children hieß es schon vor Jahren, Besitzer der Kinderpuppen würden desensibilisiert werden und könnten dadurch ihre Aktivitäten ins echte Leben verlagern – auch, wenn nicht jeder Pädophile zwangsläufig Kinder missbraucht und nicht jeder, der Kinder missbraucht, pädophil sein muss.

"Unzüchtige Gegenstände" und andere Verbote

Therapeut Brem fordert, dass kinderähnliche Sexpuppen auch in Österreich verboten werden. Derzeit nämlich ist nur deren gewerbsmäßiger Verkauf im Pornografiegesetz geregelt. Demnach ist zu bestrafen, wer mit Gewinnabsicht unzüchtige Gegenstände "herstellt, verlegt oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält". Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und bis zu 360 Tagessätzen bestraft.

Ob eine Puppe in diese Kategorie der "unzüchtigen Gegenstände" fällt, sei, so sagt Strafrechtlerin Susanne Reinl-Krauskopf von der Universität Wien, davon abhängig, wie sie aussieht. "Ein Kindchenschema ist da zu wenig, aber wenn die Sexpuppe ein Kind verkörpert, fällt es hinein."

Um den Erwerb oder Besitz der Puppen strafbar zu machen, wäre in Österreich eine Gesetzesänderung nötig. "Vorausgesetzt, man hat die politischen Mehrheiten, ist das keine legistische Kunst", sagt Reinl-Krauskopf, immerhin gebe es etwa auch bei Drogen Besitzstrafbarkeiten. Darüber, ob Österreich Dänemark folgen will, gibt es seitens des Justizministeriums derzeit keine Auskunft.

Privatsphäre vs. Prävention

Der Strafverteidiger Helmut Graupner vertritt Sexualstraftäter vor Gericht und Behörden. "Dass der kommerzielle Vertrieb dieser Puppen verboten ist, unterstütze ich. Dass man den privaten Besitz verbietet, halte ich jedoch für diskutierenswert", sagt er.

Der Grund, warum man den privaten Besitz von Kinderpornos unter Strafe stellte, so Graupner, wäre der Darstellerschutz. Um Kinderpornografie zu drehen, werden Unmündige missbraucht, auch wenn der Zuschauer daheim nur im Nachhinein dabei zusieht.

Bei rein fiktiven Darstellungen, etwa einem Comic, kam kein Kind tatsächlich zu Schaden, daher ist der Besitz dessen nicht strafbar. Kindersexpuppen, so Graupner, würden in diese Kategorie fallen. "Damit fallen sie unter das Grundrecht der Privatsphäre", sagt Verteidiger Graupner.

"Populistische Maßnahme"

Für eine populistische Maßnahme hält hingegen Reingard Cancola ein Verbot. Sie betreut beim Forensisch-Therapeutischen Zentrum Wien auch Straftäter, die wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurden. Im Sinne einer Opferprävention erachtet sie ein Verbot der Kindersexpuppen nicht als sinnvoll, "auch wenn diese verstörend und irritierend sind", sagt sie.

Es gebe dringlicheren Handlungsbedarf: etwa, dass es kaum präventive Therapieangebote für pädophile Männer gibt. "Potenzielle Täter müssen ihren Weg da raus finden", sagt Cancola, das sei komplexer als ein simples Verbot von Puppen.

Das einzige anonyme und präventive Therapieangebot dazu gibt es in Österreich bei der Wiener Männerberatung. Nur etwa 60 Männer nehmen es landesweit in Anspruch. Darunter, sagt Therapeut Jonni Brem, auch Besitzer von Kindersexpuppen. (Gabriele Scherndl, 13.2.2020)